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Pferde Influencer – Postings, Pferde und Partnerschaft


Bild vergrößern Michelle beim Reiten

Community-Management beim Schrittreiten: Michelle nimmt ihre Follower häufig vom Pferd aus mit in ihren Alltag mit den Pferden. (© Stefan Lafrentz)

Michelle Buchholtz ist vielen besser bekannt als die Influencerin momo.equestrian. Hunderttausende Menschen bilden ihre Community. Mit Social Media finanziert sie sich den Traum vom eigenen Stall quer, mit ihren Kanälen will sie vor allem eins: Mehrwert bieten.

momo.equestrian. Jahrgang 1995. Pferde Influencer. Mit elf Jahren nimmt Michelle erstmals am Bundeschampionat für Vielseitigkeitsponys teil und ist auch im Jugendbereich in dieser Disziplin erfolgreich (u. a. Vize-Europameisterin der Pony-Vielseitigkeitsreiter). Mittlerweile liegt ihr Fokus im Springreiten, Michelle ist zehnfache Sachsenmeisterin und hat Erfolge bis Klasse S***. Mit ihrem Ehemann Alexander betreibt sie den Buchenhof Ballenstedt. Die Angebote umfassen Beritt, Reitunterricht, Seminare und Lehrgänge. Auf ihren Social-Kanälen folgen Michelle weit mehr als 100.000 Menschen. Sie teilt dort Inhalte rund um den Pferdesport, Trainingstipps und ihr Leben auf dem Hof.

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Wir treffen uns an einem Montagvormittag. Dicke Regenwolken bleiben am Brocken im Harz hängen. Sie verwandeln den Ort Rieder in Sachsen-Anhalt zwar nicht in ein Schönwetterloch, aber bewahren ihn immerhin vor Niederschlag. Nach einer etwas tristen Straße, die durch das kleine Dorf führt, geht es hinaus auf einen gepflasterten Feldweg. Links erstrecken sich Felder und Weiden mit dem Harz am Horizont, rechts öffnet sich ein schwarzes Metalltor zum Buchenhof Ballenstedt. Das Tor ist eine der Investitionen, die Michelle und ihr Ehemann Alexander Buchholtz seit ihrem Einzug 2020 getätigt haben. „Ohne Social Media wären wir nicht hier”, sagt Michelle über den Buchenhof Ballenstedt. Die Quelle ihrer Inhalte auf Instagram & Co.? Pferde!

Neue Karriere – Pferde Influencer

Michelle beim Reiten

Mit Spaß zum Erfolg: Michelle träumt davon, einmal in Aachen zu reiten oder wie sie selbst sagt: „ganz oben mitzureiten“. (© Lafrentz)

„2017 steckte ich noch im Studium, Alex ebenso. Neben der Uni ritt ich, wie schon mein ganzes Leben lang”, erzählt die 29-Jährige. Eigentlich hätte ihr Studium in den Beruf der Laborantin gemündet. „Aber ich wollte reiten.” Es ist ihr damaliger Lebensgefährte und heutiger Ehemann Alexander, der die Zeichen der Zeit erkennt: „Eigentlich ist Momo ja sehr schüchtern. Aber ich habe zu ihr gesagt, warum versuchst du nicht das, was du liebst, mit Social Media zu verbinden?”

Freie Hand in dem, was sie so zeigen dürfen, haben sie zu Beginn dieser neuen Karriere dank ihrer Familien. Dort bei ihnen stehen die Pferde, die Michelle zu reiten hat. Und dort gibt es Weiden und Paddocks. „Das war wichtig für mich. Ich wollte immer zeigen, dass ich im Reitsport mit meinen Pferden nicht trotz viel freier Bewegung für die Tiere erfolgreich bin, sondern gerade deshalb”, so die gebürtige Sächsin.

Gerade rechtzeitig: Noch keine Flut an Influencern

Noch gibt es keine Flut an Pferdeinfluencern. Michelle beginnt, die Ausbildung der Pferde zu begleiten. Sie filmt sich im Selfie-Modus, erklärt die heutige Stangenübung oder nimmt in längeren Videoformaten den Zuschauern bei einem „Follow-me-around” einen ganzen Tag mit aufs Turnier. Zuhause zeigt sie, wie die Pferde Pferde sein dürfen. Nicht in Gamaschen und Glocken eingepackt in Einzelparzellen auf der Weide, sondern mit Sozialkontakten, genügend Platz zum Toben und ohne aufwendigen Beinschutz.

Trotzdem sammelt die Studentin Schleifen in Springen bis zur Klasse S*** mit ihren Pferden. Oder gerade deswegen. Das kommt gut an. Die Community, also die Gesamtheit der Menschen, die Michelle auf Social Media folgen, weil sie sich für ihre Inhalte interessieren und nichts verpassen wollen, wächst. Und schließlich flattern auch die ersten Kooperationsanfragen ins digitale Postfach von „Momoequestrian”. Die sind von zweierlei Art. Michelle soll Pferde bereiten und Produkte bewerben.

Pferde Influencer: Einnahmen durch Werbung

Pferd in Halle

Weiterbilden rund ums Pferd und das auch live: Seminare oder auch Stutenleistungsprüfungen locken interessierte Zuschauer regelmäßig auf den Buchenhof. (© Möser)

Von 2017 bis heute sind das die beiden wichtigsten Erlösquellen der GbR von Michelle und Alexander Buchholtz. In beiden Bereichen streben die Unternehmer langfristige Partnerschaften an. „Einer unserer längsten Werbepartnerschaften ist die mit Yfood”, berichtet Michelle. Als Reitinfluencerin Werbung für Produkte machen, die gar nichts mit Pferden zu tun haben. Passt das zusammen? „Du bist ja trotz der Reiterei auch noch ein Mensch und lebst”, entgegnet die 29-Jährige. Sie bewerbe im nicht-pferdigen Bereich lediglich Produkte, die sich für ihren persönlichen Alltag als tatsächlich hilfreich erweisen. Eine Mahlzeit zum Trinken zum Beispiel.

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Ein üblicher Arbeitstag von Michelle dauert zwölf Stunden. Um 7:30 Uhr werden die Pferde gefüttert. Danach bespricht sich das Team. Mit dabei: Pflegerin Conny, Jungpferde-Bereiterin Kathrin und Vollzeit-Content Managerin Lisa. Insgesamt haben Michelle und Alexander vier Angestellte. „Bei uns geht es neben der Absprache, welches Pferd heute wie trainiert werden soll eben auch darum, welchen Content wir heute produzieren und bei Social Media zeigen wollen”, erklärt Michelle. Danach geht es für alle bis auf Michelle selbst raus zu den Pferden. „Ich erledige erstmal die Bürokratie.” Rechnungen, E-Mails, und so weiter.

Artgerechte Haltung, pferdegerechte Ausbildung

Pferde im Beritt

Mit Bereiterin Kathrin tauscht sich Michelle regelmäßig aus über die insgesamt 16 Berittpferde und gibt auch Unterricht. (© Lafrentz)

Danach sind fünf bis sieben Pferde täglich von Michelle zu reiten. Viele Besitzer wünschen sich von Michelle die behutsame Grundausbildung ihres Pferdes. Andere wollen, dass ihr Pferd sportlich gefördert wird. Die Bandbreite ist groß, auch ein Haflinger ist derzeit in Beritt. Es spiegelt das wieder, wofür Michelle laut eines Hashtags, den sie ins Leben gerufen hat, stehen will: #fairliebtinpferde. Artgerechte Haltung, pferdegerechte Ausbildung.

„Wir bieten Kunden einen, wie wir es nennen, nachhaltigen Ausbildungsweg ihres Pferdes an“, beschreibt sie. „Ich habe schon viele Anfragen abgewiesen, bei denen das nicht passte, zum Beispiel wenn ein dreijähriger Reitponyhengst fürs Bundeschampionat vorbereitet werden sollte. Wir finden sowas falsch. Es muss einen Kompromiss geben zwischen den Pferden genug Zeit geben einerseits und Fortschritte erzielen andererseits.”

Vergünstigungen durch Werbung

Umbau des Stalls

Eine der bisher größten Baumaßnahmen auf dem Buchenhof: Der Umbau des alten Viehstalls in einen modernen Stalltrakt für Pferde. (© Privat)

Letztere stellen sich schneller ein, je besser die Trainingsbedingungen sind. Die neueste Umbaumaßnahme auf dem Buchenhof verbessert diese. Der neue Springplatz mit – dank eines Werbepartners vergünstigtem – Reitboden bildet gewissermaßen das Zentrum des Hofs. Die modernisierte Reithalle und ein Longierzirkel ergänzen das Angebot, zudem bieten sich Ausritte direkt ab Hof über Feldwege an.

„Wir haben ziemlich lange nach einer passenden Anlage gesucht”, so Michelle, „zwei Faktoren mussten zwingend stimmen und schienen unvereinbar zu sein, das glaubt man kaum. Wir wollten Paddock- und Weideflächen auf dem Grundstück haben und eine Reithalle. Mit den Berittpferden hätten wir ja nicht erstmal monatelang eine Halle bauen können. Objekte mit Halle zu finden war dabei weniger das Problem. Aber es fiel bei der – übrigens deutschlandweiten – Suche auf, dass bei den meisten Objekten einfach unzureichend Flächen zur freien Bewegung für Pferde vorgesehen waren.”

Mittelpunkt: Wohlergehen der Tiere

Pferde auf der Weide

Im Winter sind die Pferde den ganzen Tag mit Heu und Wasser an der frischen Luft auf Paddocks. Im Sommer warten große Weideflächen auf die Vierbeiner. (© Lafrentz)

Schließlich fällt die Wahl auf die ehemalige LPG in Rieder – mit alten Viehställen, einer Halle und einem kleinen Platz. Im November 2020 folgt der Umzug mit den Berittpferden. Die treffen dort auf eine bereits bestehende Herde von plüschigen Ponys. „Der Vorbesitzer hatte leider nicht nur seinen Hof, sondern auch seine Tiere nicht gut gepflegt. Mit dem Wegzug war sein Plan, seine Ponys allesamt zum Schlachter zu bringen. Wir einigten uns darauf, die Tiere zu übernehmen“, so Alexander. Es bestätigt sich das Gefühl, dass es dem Ehepaar wirklich um das Wohlergehen der Tiere geht.

Die Ponys, allesamt schon älteren Semesters, sind seitdem mit Reitbeteiligungen versorgt, die sich um sie kümmern. Einmal pro Woche kommt zudem eine Gruppe Kinder und Jugendliche aus dem örtlichen Kinderheim auf den Buchenhof. Sie können dann in Begleitung von Michelle und Alexander zum Beispiel einen Waldspaziergang mit den Ponys unternehmen. Dann blicken die jungen Erwachsenen in strahlende Kinderaugen. Ein Nebenschauplatz, den das Paar vermeidet, zu sehr in die Öffentlichkeit zu tragen. „Wir möchten nicht, dass jemand sagt, wir machen das nur aus PR-Zwecken”, so Michelle.

Pferde Influencer im Spannungsverhältnis

Michelle beim Springreiten

Der elfjährige Castor v. Casall ist derzeit Michelles Pferd für die größeren Aufgaben. International sind sie bis 1,40 m platziert. (© Lafrentz)

Realität zeigen, aber öffentlichkeitstauglich. Dieses Spannungsverhältnis bringt Influencern immer wieder Kritik ein. Sieht man nur ein kurzes Video eines Pferdes auf der Weide, heißt es, das Pferd sei ja nur so kurz auf der Weide. Postet man kein Pferd auf der Weide, ist es auch nicht richtig. Michelle und Alexander überlegen genau, bevor sie etwas veröffentlichen, in welcher Form das Sinn macht und vor allem: welche Inhalte Mehrwert bieten.

Natürlich wollen wir zeigen, dass es auch schlechte Tage oder Situationen mit den Pferden geben kann. Dass auch wir mal ein paar Schritte zurück machen in der Ausbildung, ehe es wieder bergauf geht. Aber was zum Beispiel nicht funktioniert, ist, negative Situationen für sich stehend zu posten. Das sind Posts mit Potenzial für einen Shitstorm. – Michelle Buchholtz –

Eine schlechte Runde auf dem Turnier, und Michelle werden überspitzt gesagt sämtliche reiterliche Fähigkeiten abgesprochen. „Wenn ich aber eine gute Situation im gleichen Beitrag zeigen kann, nach dem Motto ‘Guckt mal, so sah es neulich aus, aber wir haben beide daraus gelernt und nun gelang uns das‘, dann wird es wenn überhaupt nur konstruktive Kritik geben.”

Große Lücken zwischen Breiten- und Profisport

Dafür, sich diese anzugucken, ist Zeit, wenn Michelle nach dem Training der Berittpferde um 17 Uhr wieder zurück an den Schreibtisch wechselt. Dann verarbeitet Michelle den Content, den sie selbst, Mitarbeiterin Lisa oder Ehemann Alex den Tag über aufgenommen haben, weiter. Der Schreibtisch befindet sich im Büro der ehemaligen Pension, noch sieht es etwas kahl aus. „Die Wohnung ist noch im Rohbau“, schmunzelt Michelle, „andere Dinge waren wichtiger.“ Zum Beispiel die Arbeit rund um ihre Social Media-Kanäle. Im Idealfall bewirkt sie damit sogar etwas Größeres. Der Reitsport befindet sich in einer schwierigen Phase, Stichwort Social License.

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Die Lücke zwischen Profisport und Breitensport wird immer größer, einzelne Skandale bringen die gesamte Reiterei in der öffentlichen Wahrnehmung weiter in Verruf. Gleichzeitig erlebt der Pferdesport nach wie vor einen regelrechten Influencer-Boom. Sie machen den Reitsport für Außenstehende greifbarer und attraktiver, tragen mit ihrer Reichweite aber auch eine Mitverantwortung für die gesellschaftliche Akzeptanz des Sports. Michelle und Alexander sehen es kritisch, wenn mehr Reitoutfits beworben werden statt Reitunterricht gezeigt.

Verantwortungsbewusstsein der Pferde Influencer

Pferde Influencer bei der Arbeit

Zeit für Teil zwei ihres Jobs: Am Nachmittag heißt es Material sichten, schneiden, texten, planen und in Interaktion mit der Community treten. (© Lafrentz)

Ihrer eigenen Verantwortung sind sich Michelle und Alexander bewusst. Mit dem Ist-Zustand des Pferdesports machen sie regelmäßig eigene Erfahrungen im Rahmen ihrer Lehrgänge oder Seminare. „Ich finde es schockierend, wie wenig Hintergrundwissen rund ums Pferd heutzutage bei den Menschen vorhanden ist. Viele Reiter, sogar Pferdebesitzer, wissen nicht, was Vitalwerte sind oder warum es gut ist, beim Reiten eine Anlehnung zu haben”, berichtet Michelle.

„Dieses Grundwissen zu erlernen, ist heute die Schwierigkeit. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, sich zu informieren, kostenlos oder auf Lernplattformen wie Wehorse. Wir tun das selbst. Wenn man selbstreflektiert ist, kann man dort viel für sein Reiterleben mitnehmen”, sagt die 29-Jährige. Wissen vermitteln, statt die nächste Glitzerschabracke in die Kamera zu halten, ist das Eine. Aber auf öffentlichen Pferdesportereignissen wie Turnieren durchzugreifen, wenn jemand tierschutzrelevant mit seinem Pferd umgeht, ist ein ebenso wichtiger Baustein dafür, die gesellschaftliche Akzeptanz von Pferdesport langfristig zu erhalten.

Ständiger Austausch mit Community

„Da finden wir aber, ist schon viel passiert”, sagt Alexander und meint damit auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN). „Der viel besprochene Social License-Workshop von vor zwei Jahren hat unserer Wahrnehmung nach schon etwas bewirkt. Die Turnierbedingungen werden besser. Und wir sehen öfter, dass falsche Ausrüstung oder schlechtes Verhalten von Richtern korrigiert oder auch abgestraft wird”, so der 30-Jährige.

Er selbst habe wegen tierschutzwidrigem Verhalten auf einem Turnier auch schon mal einen Reiter, der auf den Turnieren im Umkreis viel unterwegs ist, vor Ort angesprochen. Daraufhin drohte ihm der Reiter. Alexander entschloss sich zur Anzeige bei der FN. Seither beobachte Alexander, dass dieser Reiter gefühlt strenger von den Richtern beäugt werde.

Darüber, was sein darf und was nicht, steht Michelle mit ihrer Community in ständigem Austausch. Pauschalisierungen wie das Verurteilen von Sperrriemen findet sie falsch. „Jedes Equipment hat seinen Sinn, aber kann auch unsinnig genutzt werden“, betont Michelle. Ihr und Alexander, mit dem sie über die Gestaltung ihrer Social Media-Kanäle viel diskutiert, ist es wichtig, zwischen den Fronten zu vermitteln. Es gebe nun mal nicht nur schwarz und weiß. Eine konstruktive Debattenkultur wollen sie auch in Zukunft weiter fördern.

Pferde Influencer mit nur wenig Privatleben

Ehemann Alexander

Ehemann Alexander ist je nach Bedarf Videograf, Berater, Handwerker oder Manager für und von Michelle. Das gemeinsame Unternehmen hat beide sehr zusammengeschweißt. (© Lafrentz)

Aber wenn möglich nicht nach 20 Uhr. Da hält dann so langsam der Feierabend Einzug auf dem Buchenhof. Dann muss mal Zeit sein für Privates. Seit elf Jahren sind Michelle und Alexander ein Paar, vier davon verheiratet. Und seit acht Jahren Geschäftspartner. Am Abend ist die ehemalige Stube der Pension ein beliebter gemeinsamer Rückzugsort für das Paar. Das eigentliche Wohnzimmer wartet noch auf den Ausbau. Da lautet der Wunsch für die Zukunft auch als Pferde Influencer eindeutig: „Ein bisschen mehr Privatleben.”

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