Studie: Wie Weidegang und Absetzzeitpunkt die Karriere eines Pferdes prägen


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Dass viel freie Bewegung in den ersten Lebensmonaten eines Pferdes auch auf seinen späteren Erfolg einzahlt, belegt nun eine Studie aus Großbritannien. (© Stefan Lafrentz)

Wie prägt die Aufzucht das spätere Rennpferd? Eine britische Langzeitstudie liefert neue Erkenntnisse über den Einfluss von Weidegang und Fohlenmanagement auf Leistung und Tierwohl.

Eine aktuelle Untersuchung des Royal Veterinary College in Großbritannien hat sich mit dem Zusammenhang zwischen der Haltung und Aufzucht von Vollblutfohlen in den ersten Lebensmonaten und ihrer späteren sportlichen Leistungsfähigkeit befasst. Dieser Studie zufolge spielen Weidegang und der Zeitpunkt des Absetzens eine entscheidende Rolle.

Langzeitstudie mit 129 Vollblutfohlen

Das Forschungsteam um Dr. Rebecca Mouncey begleitete 129 Vollblutfohlen der Jahrgänge 2019 und 2020 von der Geburt bis in die ersten Rennjahre. Die Pferde stammten von sechs Gestüten in Großbritannien.

Im Mittelpunkt stand die Frage, inwieweit Faktoren wie Pedigree, Trächtigkeit, frühes Management und Weidebedingungen die spätere sportliche Leistungsfähigkeit prägen. Die Forscher erfassten Daten zur Gesundheit der Mutterstuten, zur täglichen Weidedauer, zu Absetzzeitpunkten und zu tierärztlich behandelten Erkrankungen. Anschließend wurden diese Informationen mit den Rennergebnissen der Pferde (bis Ende dreijährig) abgeglichen.

Mehr Weide, späteres Absetzen – bessere Ergebnisse

Die statistische Auswertung zeigte deutliche Zusammenhänge zwischen der Art der Haltung und den sportlichen Ergebnissen. Jene Fohlen, die in den ersten sechs Lebensmonaten mehr Zeit im Freien verbrachten, nahmen später häufiger an Rennen teil und erzielten höhere Preisgelder.

Auch das Absetzalter erwies sich als relevanter Faktor. Je später die Trennung von der Mutterstute, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Pferde in den Rennbetrieb starteten und mehr Rennen absolvierten.

Nach Einschätzung der Forscher könnte eine längere gemeinsame Zeit von Stute und Fohlen sowie ausreichende Bewegung auf der Weide dazu beitragen, Muskulatur, Knochenstruktur und Stoffwechsel in dieser sensiblen Entwicklungsphase optimal zu fördern.

Abstammung weniger entscheidend als gedacht

Die Untersuchung zeigte auch, dass die Abstammung allein keinen messbaren Einfluss auf die untersuchten Leistungsmerkmale hatte. Genetik ist zwar wichtig, weil sie die biologischen Voraussetzungen schafft, doch die Studie verdeutlichte, dass eine förderliche Umwelt in den ersten Lebensmonaten entscheidend sein kann, um dieses Potenzial tatsächlich zu entfalten. Heißt: Gute Aufzucht kann schwächere Pedigrees teilweise ausgleichen, schlechte Bedingungen hingegen können selbst beste Gene bremsen.

Einfluss orthopädischer Probleme 

Auch entwicklungsbedingte orthopädische Erkrankungen, etwa Fehlstellungen oder Gelenkveränderungen im Fohlenalter, wurden einbezogen. Zwar schien es zunächst, als würden Fohlen mit solchen Befunden im späteren Leben erfolgreich sein. Allerdings konnten die Forscher dies auf die eingeschränkten Haltungsbedingungen während der Behandlung zurückführen: Die betroffenen Fohlen erhielten häufig weniger Weidegang oder wurden früher abgesetzt, um das Wachstum zu bremsen oder die Belastung zu reduzieren.

Wenn dieser Faktor aber statistisch berücksichtigt wurde, verschwand der direkte Einfluss der Erkrankung. Die Forscher folgerten daraus, dass nicht die Krankheit selbst, sondern der damit verbundene Bewegungsmangel in der frühen Entwicklungsphase die spätere Leistungsfähigkeit mindern könnte. Für die Praxis bedeute das: Auch bei orthopädischen Problemen sollte, soweit möglich, auf ausreichende kontrollierte Bewegung und spätes Absetzen geachtet werden, um den langfristigen Trainingserfolg nicht zu gefährden.

Bedeutung für Zucht und Management

Die Studie belegt, wie entscheidend das Management in den ersten Lebensmonaten ist. Für das Wohlbefinden der Pferde und auch für die sportliche Leistungsfähigkeit.

Zur Studie „Born to run? Associations between gestational and early-life exposures and later-life performance outcomes in Thoroughbreds“, erschienen im  Equine Veterinary Journal (BEVA).

 

 

 

 


Sie ist mit Pferden groß geworden und verbrachte jede freie Minute im Stall, im Sattel oder auf der Weide. Während ihres Studiums entdeckte sie ihre zweite Leidenschaft: den Journalismus – in Praktika und unzähligen Stunden als „rasende Reporterin“ auf Sportplätzen bei Wind und Wetter. 20 Jahre lang begleitete sie journalistisch die Fachzeitschrift Reiter Revue International – erst als Volontärin, dann als Redakteurin, und zuletzt als Redaktionsleiterin print. Zwischendurch machte sie für drei Jahre selbstständig, um an ihren Studienort Münster zurückzukehren (das private Glück konnte nur dort warten) und sich beruflich breiter aufzustellen. Später schrieb sie ein Kindersachbuch – natürlich über Pferde – und engagiert sich seit Gründung der Bewegung #doitride, deren Talks sie bis heute regelmäßig moderiert. In ihrer Rolle bei Hooforia möchte sie den Pferdesport mit konstruktivem Journalismus begleiten – kritisch hinschauen, Lösungen aufzeigen, Zusammenhänge erklären und den Dialog fördern.

2 Kommentare
  1. Pferdezucht Silke Kuhlenkampsays:

    Ich züchte seit vielen Jahren Dressurpferde und gehöre auch schon zur älteren Generation. Bei mir hat vor vielen Jahren schon ein Umdenken stattgefunden. Meine Stuten bekommen morgens erst Kraftfutter und werden dann mit dem Fohlen zusammen auf die Weide geführt. Jede einzelne Stute mit ihrem Fohlen – beide mit Halfter und Strick. In der Regel starte ich im Sommer gegen 5 Uhr morgens, dann sind die Fliegen noch nicht so aktiv und es ist nicht zu warm. Die Fohlen spielen dann gerne zusammen. Wenn es mittags zu heiß wird, gehen die Stuten in die Weidezelte. Jede hat bei mir ein eigenes 3,5 x 4 m Zelt. Die Fohlen können dann selber entscheiden ob sie mit rein möchten oder lieber draußen bleiben. Wenn es sehr heiß ist bringe mittags Heu in die Hütten, Wassertröge hänge dort ebenfalls. Abends wird jede einzelne Stute wieder mit Fohlen mit Halfter und Strick zurück in den Stall gebracht. Dort wartet eine frisch gemistete und eingestreute Box, erneute Kraftfutter und jede Menge Heu für die Nacht, da ich dort auch Heuraufen montiert habe. Die Fohlen können nachts in Ruhe schlafen und den Tag verarbeiten und wachsen. Alle 4 Wochen kommt der Hufschmied zur Kontrolle – das ist enorm wichtig, da die Fohlen immer top auf den Hufen stehen müssen. Die Hufe sollen sie ein Leben lang tragen – egal ob sie mal in den Sport, in die Zucht oder „nur ein geliebtes“ Freizeitpferd werden. Die Grundlage ist so enorm wichtig. Regelmäßiges entwurmen der Fohlen und Stuten und Impfungen, inkl. Zahnarztterminen und Chiropraktik runden so ein Zuchtprogramm ab. So etwas war vor 30 Jahren undenkbar – aber wir sind Menschen und können jeden Tag dazu lernen.


  2. Martina Uhlsays:

    Guter Beitrag, aber eigentlich nichts neues, das ist wie mit unseren Kindern, mehr Bewegungsanreize, mehr draussen = gesünder, intelligenter! Leider gibt es noch viele (alte) Züchter die zu stur sind umzudenken, und denen es bur um den Verkauf geht. Und hier muss man ansetzen: mehr Aufklärung, mehr Anreize Fohlen aus guter Aufzucht zu kaufen. Und: für Erstbesitzer/ Neulinge unbedingt einen Tierhaltersachkundenachweis ( für alle Tiere) einführen! Kontrolle von Aufzuchställen, Anreize schaffen oder Aberkennung des Zuchbetriebes. Oder warten ( noch 20-30 Jahre) bis die Alten ausgesorben sind… Ironie aus.
    Auch das Absetzen ist doch meist ein Kulturschock für die Fohlen. Von jetzt auf gleich. Würde man das mit seinem eigenen Kind auch so machen?
    Wenn ich mir ein Fohlen kaufen würde, würde ich für mind 4Wochen die Mutterstute mitnehmen wollen, oder das zukünftige „Partnerpferd“ vor Ort schon mal mit dem Fohlen zusammenbringen. Dann sind hinterher die „Kleber“ und Trennungsängste nicht so ausgeprägt. Ist schwierig umzusetzen, aber eine freundliche langsame Trennungsmethode kann ja gemeinsam nach den Gegebenheiten herausgefunden werden.
    Wie gehe ich ( oder TA’s, Hufschmiede,Physio etc) denn damit um, wenn ich in Ställe komme, wo über Tag bei bestem Wetter die Stuten mit ihren Fohlen in einem viel zu dunklem Stall steht? Ansprechen und Kunden verlieren?


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