Unsere Leserin Kiara erzählt von ihrem Reitunfall und warum Achtsamkeit im Umgang mit Pferden nie in Vergessenheit geraten darf.
Am 12. März 2025 wollte ich Namira, wie so oft, von der Wiese holen und in ihre Box bringen. Als sie dann ruhig in der Box stand, begann ich damit, ihre Hufe auszukratzen. Eine routinierte Handlung für jeden, der mit Pferden arbeitet. Zwei Hufe waren bereits geschafft, doch beim dritten, dem hinteren linken, passierte das Unfassbare: Namira trat aus und ich bekam einen Pferdetritt ins Gesicht.
Was danach geschah, weiß ich selbst nur aus Erzählungen. Ich verlor das Bewusstsein, meine Mutter hörte einen lauten Knall und einen Schrei. Als sie zur Box kam, fand sie mich blutend in der Ecke, Namira stand direkt bei mir. Die Verletzungen im Gesicht schockierten meine Mutter, denn sie bluteten stark, und das Gesicht war sehr angeschwollen. Meine Mutter holte mich aus der Box und brachte mich vorne zum Hoftor, mithilfe der Hofbesitzerin setzten sie mich ins Auto und warteten auf den Krankenwagen. Hierbei sprachen die beiden die ganze Zeit mit mir.
Blackout nach dem Pferdetritt ins Gesicht
An die Fahrt ins Krankenhaus kann ich mich nicht erinnern, ebenso wenig an das Gespräch mit meiner Mutter und der Hofbesitzerin oder die erste medizinische Versorgung. Mein Kurzzeitgedächtnis setzte immer wieder aus. Die Sanitäter gaben mir einen Zettel, auf dem stand: „Du wurdest beim Hufeauskratzen von Namira ins Gesicht getreten.“ Ich fragte immer wieder, was passiert sei.
Im Krankenhaus wurden sofort ein CT und MRT gemacht, der Verdacht auf eine starke Gehirnerschütterung und eine Fraktur im Bereich der Augenhöhle bestätigte sich. Die Ärzte waren selbst erstaunt, dass ich keine weiteren Brüche im Gesicht hatte. Das bedeutete ebenfalls, dass Namira mich nicht frontal getroffen, sondern mich eher gestreift hat.
Vom Krankenhaus zurück in den Stall
Glücklicherweise bestand zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr, und nach einigen Tagen wurde auch klar: Eine Operation war nicht zwingend notwendig. Mein Auge war ebenfalls nicht verletzt. Die Wunde über meinem Auge wurde geklebt, die kleinere darunter gereinigt. Später wurde die Platzwunde mit etwa zehn Stichen genäht.
Eine Nacht musste ich allerdings zur Überwachung im Krankenhaus bleiben. Hier überwachte man mich die ganze Nacht und wechselte regelmäßig das Kühlpack, damit ich die Wunde über dem Auge kühlen konnte. Die Schwellung über dem Auge war sehr ausgeprägt. Schon am nächsten Tag durfte ich das Krankenhaus verlassen.
Noch auf dem Heimweg fragte meine Mutter mich, ob ich zu den Pferden wolle; meine Antwort war ein klares Ja. Als ich Namira wiedersah, ging ich direkt auf sie zu. Sie beobachtete mich ruhig, folgte meinen Bewegungen. Ich streichelte sie und kraulte sie ein paar Minuten lang. In dem Moment wusste ich: Dieser Tritt war kein Ausdruck von Bosheit. Sie hatte es nicht mit Absicht getan.
Rückblickend wurde mir schnell klar, dass ich selbst nicht achtsam genug war. Ich stand zwischen der Wand und dem Pferd, eine ungünstige Position, bei der ich nicht sehen konnte, was vorne passiert. Vielleicht hat sie sich mit dem Nachbarpferd gezankt, oder ich habe ihr versehentlich wehgetan.
Lehren aus dem Pferdetritt ins Gesicht
Der Unfall hat mir eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Sicherheitsregeln im Umgang mit Pferden konsequent zu beachten, auch wenn „bisher ja nie etwas passiert ist“. Gerade in der Routine lauern Risiken, die wir oft unterschätzen. Von nun an werde ich Hufe nur noch draußen und nie wieder in beengten Situationen auskratzen.
Für mich war von Anfang an klar: Namira trägt keine Schuld. Ich habe ihr Verhalten nicht als Angriff gewertet, und genau dieses Vertrauen hat unser Verhältnis sogar gestärkt. Heute sind wir gemeinsam im Sattel unterwegs und harmonieren besser denn je. Pferde sind sensible, starke Tiere, sie handeln nie grundlos aggressiv. Der Vorfall war für mich eine wichtige und sehr persönliche Lektion in Sachen Achtsamkeit, Verantwortung und Vertrauen. Ich hoffe, dass meine Geschichte auch anderen Reitern zeigt: Sicherheit im Stall beginnt bei uns selbst.
