Wer in den Urlaub fährt, wird das Gefühl kennen: Aufregung, gemischt mit Vorfreude und dem Gedanken daran, ob man wirklich alles eingepackt hat. Noch spannender wird es, wenn man den Urlaub mit dem eigenen Pferd verbringt. Redakteurin Sophia Arnold hat das Abenteuer gewagt – auf dem Küstenreiterhof Cuxhafen-Sahlenburg.
Als wir mit unseren Anhängern auf dem Küstenreiterhof ankommen, umgibt uns sofort eine entspannte Atmosphäre. Die Sonne scheint auf den großen Hof, neben der Stallgasse befindet sich ein Paddock, auf dem sich drei Kaltblüter gemütlich zur Mittagspause hingelegt haben.
Ankunft auf dem Küstenreiterhof
Tina Fock, die den Hof mit ihrem Vater Dirk betreibt, begrüßt uns herzlich und zeigt uns direkt die Gastboxen für unsere Pferde. Dirk Fock stammt ursprünglich von der Insel Neuwerk, die circa 13 Kilometer vor Cuxhaven liegt. 1999 siedelte er mit seiner Frau und den Töchtern aufs Festland über, wo sie zunächst Ferienwohnungen vermieteten. 2004 bauten sie dann den Küstenreiterhof, in dessen heller Stallgasse mit Außenfenstern unsere Pferde die kommenden drei Nächte untergebracht sind. Unsere Vierbeiner erwartet eine dick mit Stroh oder Spänen eingestreute Box und eine Portion duftendes Heu.
Sättel, Trensen und Co. können wir direkt vor den Boxen lagern, zu jeder Box gehören ein Sattelbock und ausreichend Platz für weiteres Zubehör. Auf dem Hof wird Hafer für die Fütterung gestellt, jeder Einsteller darf zwei Portionen täglich vorbereiten, die das Team dann füttert. Auch anderes Futter kann in Eimern vor den Ställen platziert werden.
Wenn Träume wahr werden: mit dem eigenen Pferd am Strand, den Sonnenuntergang im Rücken. (© Ira Füßenich)
Erster Ausritt an den Strand
Auch wir Menschen haben uns bei Familie Fock eingebucht und sind, ebenso wie unsere Pferde, begeistert von der geräumigen Wohnung. Doch natürlich wollen wir nicht viel Zeit verlieren und huschen schnell wieder zurück in den Stall, der nur 300 Meter von der Unterkunft entfernt ist.
Da die Pferde einen guten Eindruck machen und die Tidezeiten uns entgegenkommen, wagen wir einen ersten Ritt an den Strand. Schon nach knapp 20 Minuten erreichen wir den Sand – und sind begeistert. Die Pferde benehmen sich wunderbar, das Wetter ist toll, und es gibt vor allem eines: viel Platz! Obwohl viel davor gewarnt wird, sind unsere Pferde zu jeder Zeit in jeder Gangart super zu kontrollieren, und so entscheiden wir uns, schon am nächsten Tag den Ritt zur Insel Neuwerk mitzumachen.
Vom Küstenreiterhof auf die Insel Neuwerk
Die Insel Neuwerk liegt mitten im Wattenmeer. Sobald die Ebbe einsetzt, kann man zu Fuß, zu Pferd oder mit einem Wattwagen zur Insel gelangen. Dirk Fock gehört zu den traditionsreichsten Wattwagenfahrern und stammt von der Insel. Nahezu täglich bietet er, zusammen mit seiner Tochter Tina, Fahrten zur Insel an. „Das ist natürlich ein Saisongeschäft, wir starten ungefähr im März oder April und fahren dann bis Ende Oktober“, erzählt die 27-Jährige. „Im Winter fahren wir auch gelegentlich, aber das ist eher selten.“
Unsere Tour startet am Nachmittag, die Abfahrtszeiten richten sich natürlich nach den Gezeiten, im Sommer bedeutet das auch, dass es schon mal um kurz nach sechs Uhr morgens losgehen kann. Während wir unsere Pferde satteln, werden auch die Kaltblüter angespannt. Sie wirken stets entspannt und stehen brav nebeneinander, während ihnen die Geschirre angelegt werden. Sechs Kutschen gibt es auf dem Hof, für jede Kutsche gibt es im Schnitt zwei Pferde. Je nach Alter werden sie mehr oder weniger eingesetzt.
Die Wattwagen von Familie Fock fahren täglich zur Insel Neuwerk und zurück (© Shutterstock / pasibald92)
Die Kutschpferde werden auf dem Küstenreiterhof ausgebildet
„Wir kaufen die Pferde meist zweijährig, mit drei fangen wir dann mit der Ausbildung an. Je nachdem, wie sie aussehen und das Training annehmen, nehmen wir sie dann schon einmal auf die Tour mit“, erklärt Tina. Dass mit den Tieren, die ja die Grundlage für das Geschäftsmodell Wattwagenfahrt sind, fürsorglich umgegangen wird, sieht man sofort. „Langsam gehen die letzten Pferde in Rente, die vor mir schon da waren“, lacht die sympathische Cuxhavenerin. Dass die Tiere zum Teil schon über 20 Jahre alt sind, sieht und merkt man ihnen nicht an. Alle Pferde haben glänzendes Fell und stehen gut im Futter.
Als alle Gäste auf die Kutschen verteilt und sich in die dicken Decken eingewickelt haben, legen die Kaltblüter los. Auch wir steigen auf unsere Pferde und hängen uns hinter die letzte Kutsche. Ein wenig aufgeregt sind wir Menschen schon, dauert der Ritt doch ungefähr vier Stunden. Im Watt gibt es natürlich besondere Verhaltensregeln, über die wir uns vorher noch haben aufklären lassen. Nicht direkt an den Kutschen vorbeigaloppieren, man kann jederzeit umkehren, und das Wichtigste: In den Prielen, durch die das Wasser bei Ebbe abläuft, unbedingt zwischen den Begrenzungen bleiben! Die mahnenden Worte im Ohr, machen wir uns auf.
Nasse Füße, glückliche Reiter
Zunächst geht es entlang der Büsche ins Watt. Zu Beginn können wir gemütlich hinter den Wattwagen hertraben, das Tempo ist angenehm, was Wetter auch. Schon nach kurzer Zeit erreichen wir den ersten Priel. Natürlich ist das Wasser vorher schon leicht tiefer geworden, meine Stute zögert kurz und fragt nach, ob sie wirklich in die Strömung gehen soll. Tatsächlich sieht man gut, wie das Wasser abläuft. Ein kurzer, motivierender Schenkeldruck genügt aber, und schon stapfen vier Pferde aus Köln durch den ersten Priel. Wir Reiterinnen haben eine Menge Spaß und bemühen uns, zwischen den Begrenzungen zu bleiben und die Kutschen nicht zu weit vorziehen zu lassen.
Als der erste Priel geschafft ist, gibt es auch die ersten nassen Füße – auf einem Pony ist man dem Wasser eben doch näher als auf einem Warmblut. Die Stimmung ist ungetrübt, ein wenig mulmig wird uns nur, als wir die erste Kutsche in den zweiten Priel ziehen sehen. Den Kaltblütern geht das Wasser hoch über die Schulter, wir schätzen anhand der Kutsche vor uns schnell ab, wie nass es wohl wird. Sehr nass, entscheiden wir und können trotzdem nur lachen.
Pause im alten Fischerhaus
Schon erreichen wir den zweiten Priel, und auch ich komme hier nicht um nasse Füße herum, meine Mitreiterin auf ihrem Connemara-Pony ist schon bis zum Knie nass. Trotzdem ist die Stimmung heiter. Auf dem übrigen Weg wechseln sich flotte Trabreprisen, Galoppstücke sowie Schrittpausen ab, sodass die Pferde erholt auf Neuwerk ankommen. „Das Alte Fischerhaus“ ist der Großelternbetrieb von Tina, der von ihrem Onkel übernommen wurde. So macht jede Tour, die auf dem Küstenreiterhof startet, hier einen Stopp, damit sich die Gäste mit Getränken und Snacks versorgen können. Auch unsere Pferde grasen windgeschützt hinter dem Deich. Wer das große Abenteuer sucht, kann hier sogar im Heuhotel übernachten, für die Pferde gibt es natürlich auch Boxen oder Wiesen.
Mit Rückenwind zurück zum Küstenreiterhof
Nach einer kleinen Stärkung geht es dann zurück Richtung Heimatstall. Wir besichtigen noch kurz den Leuchtturm der Insel, und schon sind wir wieder im Watt. Mit Rückenwind geht der Weg noch ein bisschen schneller, zudem sind die Priele so gut wie leergelaufen, sodass sowohl die Kutschen als auch wir wesentlich mehr traben als auf dem Hinweg. Nun sehen wir auch, warum es so wichtig ist, sich an die Begrenzungen zu halten. „Die Wege werden von der Stadt Cuxhaven jedes Jahr neu begutachtet, sodass sie stets sicher sind. Zum Teil wurden Steine aufgeschüttet, damit niemand im Sand stecken bleibt“, erklärt Tina, die selber eine der Kutschen fährt.
Abseits der gesteckten Wege geht es zum Teil ein gutes Stück hinunter, außerdem gibt es Muschelsammlungen und Absackungen, die den Pferden durchaus gefährlich werden könnten. Nach insgesamt vier Stunden erreicht unser Team müde, zum Teil mit kalten und nassen Füßen, aber äußerst glücklich und ganz besonders stolz auf unsere Pferde den heimischen Stall.
Traditionsreicher Familienbetrieb
Während wir unsere Pferde versorgen, sitzt Familie Fock noch mit einigen Gästen zusammen und stößt auf die gelungene Tour an. Kaum jemand hat die Wattwagenfahrten so im Blut wie Dirk Fock. Schon sein Urgroßvater pendelte zwischen Neuwerk und dem Festland. Kein Wunder, dass Fock die Liebe zu Pferden und dem Watt auch an seine drei Töchter weitergegeben hat. „Wir Mädels reiten alle, Papa ist durch und durch Wattwagenfahrer“, lacht Tina, die ihre Eltern tatkräftig unterstützt und das Unternehmen weiterführen will.
Neben dem Wattfahren züchtet Familie Fock auch Warmblüter. Tina reitet erfolgreich Dressur bis zur schweren Klasse, auch wenn ihre Stuten eher aus dem Springbereich kommen. Daher stehen auch zwei kleine Springpferde auf den Wiesen. Auf den 20 Hektar Land, das zum Gelände des Hofs gehört, findet sich ausreichend Platz für Fohlen, Kaltblüter und auch die Gastpferde dürfen Paddocks und Wiesen direkt am Hof nutzen.
Nach dem anstrengenden Ritt zur Insel gönnen wir unseren Pferden einen freien Vormittag und starten einen Spaziergang in die Heide, die unmittelbar hinter dem Hof liegt. Auch hier laden nicht enden wollende Wege zu langen Ausritten ein. Für uns geht es aber auch in den nächsten Tagen noch mal für einige unvergessliche Ritte ins Watt. Als wir am Sonntag dann schließlich den Heimweg antreten müssen, sind wir uns in der gesamten Truppe sicher: Das wird nicht der letzte Aufenthalt auf dem Küstenreiterhof gewesen sein!
Der Küstenreiterhof Cuxhafen-Sahlenburg
- Anzahl Außenboxen: 39
- Preise: eine Nacht 25 Euro, ab 3 Nächte 20 Euro, inklusive Heu, Stroh, Hafer und Wiesennutzung
- Einstreu: Stroh; Späne gegen Aufpreis erhältlich
- verschiedene Ferienwohnungen oder Ferienhaus ebenfalls über Familie Fock
Wattwagenfahrten
- Dauer: ca. 4 Stunden
- Preis: Erwachsene 45 Euro; Kinder bis einschließlich 9 Jahre 20 Euro; Hunde 5 Euro
Karten für die Touren
- Tel.: 04721-201093
- Vor Ort: Am Flockengrund 21, 27476 Cuxhaven-Sahlenburg
- Website: fock-cuxhaven.de