Uta Gräfs Holsteiner Le Noir ist im Alter von 25 Jahren gestorben. Wir haben ein Interview herausgekramt und erinnern damit an ihn.
Wir blicken zurück auf das Leben von Le Noir als eines der herausragenden Pferde des Dressursports, das mit Uta Gräf stets durch Harmonie und Ausstrahlung bestach. 2012 berichtete Uta Gräf unserer Autorin Alexandra Koch von ihren Anfängen.
Le Noir ist nicht nur ein wunderschönes, sondern auch ein bewegungsstarkes und ausdrucksvolles Pferd. Wie haben Sie den Hengst bekommen?
Wir haben mit meinem Trainer einen Sohn von ihm ausprobiert … Naja, und wie das Leben so spielt, haben wir dann nicht den Sohn, sondern den Vater mitgenommen, der ebenfalls dort stand. Wir haben dann die Besitzer von Le Noir, Familie Herzog, näher kennengelernt und sie wollten den Hengst bei mir in Beritt geben. Damals war er acht, nun ist er zwölf und wir sind ein eingespieltes Team. Mein Dank gilt hier auch der Familie Herzog, die mich immer sehr unterstützt hat. Das ist ja keine Selbstverständlichkeit, aber die Familie ist einfach so nett und gut zu mir, dass sich sehr dankbar bin.
Was ist für Sie das Besondere an Le Noir? Wie würden Sie das Pferd charakterisieren? Was sind seine Stärken und Schwächen?
Ach, Schwächen hat er gar keine, jedenfalls fallen mir keine ein. Le Noir hat einfach einen außergewöhnlichen Charakter. Er ist immer ganz willig, egal wo er ist – im Gelände, beim Longieren, auf der Koppel. Man sieht dem Pferd an, wie sehr er dabei ist. Dass er das alles freiwillig und gerne macht. Dass er glücklich ist.
Das erste halbe Jahr mussten wir natürlich erst einmal zusammenfinden, das ist ja bei jedem Reiter und Pferd so. Aber seitdem ist alles einfach super! Es gibt eigentlich keinen Tag, wo ich mich mal über ihn geärgert habe. Er macht immer alles so, wie man es sich wünscht. Dabei ist er einfach unheimlich lieb, aber dennoch absolut kein ‚Schnarcher‘. Er ist kein ‚typischer‘ Hengst mit all dem Gehabe, sondern eine ganz besondere Persönlichkeit.
Dass er so eine liebe und zufriedene Art hat, beweist er uns ständig aufs Neue. Ein Beispiel: Im letzten Jahr wurde er auf der Consumenta in Nürnberg von seinem Besitzer am Halfter im Außenbereich geführt. Dort herrschte unglaublicher Trubel, fremde Tiere waren da, unter anderem auch Elefanten und andere Exoten, die in den Shows auftraten. Der Besitzer von Le Noir ist nun kein Top-Reiter, einfach ein Pferdemensch – und der Hengst war brav wie ein Lämmchen. Alles ist einfach nochmal so schön mit ihm, weil wir es genießen können.
Weidegang ist für Ihre Pferde selbstverständlich, auch für einen Hengst wie Le Noir. Auch steht jedem Ihrer Pferde eine Box mit anschließendem Paddock, also ein Offenstall zur Verfügung – eine Seltenheit in Turnierställen …
Auf jeden Fall denke ich, dass der Offenstall ganz viel bewirkt hinsichtlich der Ausgeglichenheit der Pferde. Sie können den ganzen Tag rumlaufen, entscheiden, wann sie in den Stall wollen. Das formt den Charakter, hat einen Riesenanteil daran, dass sie so glücklich und zufrieden sind – und macht es ihnen einfach leicht, ausgeglichen zu sein. Wir wissen, dass wir in Sachen artgerechte Pferdehaltung „Hardcore“ sind, aber wir sind uns sicher, dass das richtig ist – auch für die Ausbildung der Pferde.
Was für ein Gefühl ist es, so dicht an der Weltspitze zu sein?
Die anderen Reiter nehmen uns sehr gut an, das ist ja nicht selbstverständlich. Wir sind akzeptiert und erleben das momentan als total schönes Gefühl. Dass wir überhaupt in dieser Liga reiten können, ist eine große Ehre. Das Schönste ist aber, mit Le Noir ein Pferd zu haben, auf das ich mich immer verlassen kann. Er ist so zuverlässig, das ist traumhaft.
Besonders schön ist für mich aber auch die Reaktion der Zuschauer. Ich denke da an die Kür in Wiesbaden im Mai zurück: Schon als ich um das Viereck rumgeritten bin, als also die Prüfung noch gar nicht begonnen hatte, begannen sie zu klatschen. Die Leute sind einfach mit uns mitgegangen. Die Platzsprecherin meinte dann: „Die Kür kommt doch erst noch …“, aber das hat die Zuschauer nicht abgehalten. Diese Akzeptanz ist toll, ich habe das Gefühl, alle mögen uns.
Und genau so werden auch wir uns alle an ihn erinnern!