Guckige Pferde können einem den Spaß am Reiten verderben. Doch wie sieht ein Pferd eigentlich? Ein Blick auf Sichtfeld und Funktionsweise des Pferdeauges, sowie häufig unterschätzte Augenverletzungen.
Nur einmal mit den Augen eines Pferdes zu sehen – das würde das Verständnis für das sensible Fluchttier immens erhöhen. Denn Pferde erkennen vermeintliche Gefahren lange vor ihrem Reiter. So konnten sie in freier Wildbahn rechtzeitig Reißaus nehmen. Besonders gut nimmt das Pferdeauge Bewegungen wahr (Achtung: Raubtier im Gebüsch!) – und zwar auch aus großer Entfernung, was Reiter manchmal zur Verzweiflung treibt.
Wie die Augen des Pferdes sehen
Während unser Blickfeld nach vorne gerichtet ist, sieht das Pferd einen weit größeren Winkel, vergleichbar zu einem Fish-Eye-Objektiv, das einen Rundumblick mit fast je 180 Grad ermöglicht und mit Schwerpunkt nach unten, damit das Pferd den Boden und dort lauernde Gefahren erkennen kann. Das ist der Grund, weshalb Pferde so oft auf am Boden liegende Objekte empfindlich reagieren – und das kann schon der Sonnenstrahl in der Reithalle oder ein Schatten auf dem Platz sein. Trabrennfahrer versuchen übrigens, den Blick des bodenscheuen Pferdes nach unten zu begrenzen: Sie platzieren große Nasenschoner auf dem Nasenriemen.
Dieser Rundumblick mit Absicherung nach hinten wird durch die Anordnung der Augen seitlich am Kopf des Pferdes ermöglicht. Wollten wir mit einem Blick ohne Kopfwenden so viel sehen wie ein Pferd, müssten wir in einen großen vor uns stehenden Spiegel blicken. Quasi der Blick in den Reithallenspiegel – so ähnlich nimmt das Pferd seine Umwelt wahr.
Tote Winkel und Einschränkungen im Sichtbereich
Vorsicht: Durch den toten Winkel und das seitlich unscharfe Sehen, kann das Pferd in Situationen wie diesen leicht erschrecken. (© Slawik)
Bis auf zwei tote Winkel – im Bereich der Nüstern mit circa einem Grad und im Bereich der Schweifrübe mit vier bis sechs Grad – sieht das Pferd alles. Während sich die Sehfelder unserer Augen jedoch überschneiden und so das binokulare Sehen möglich wird, sieht das Pferd nur auf einem Winkel zwischen 60 und 90 Grad dreidimensional. Das restliche Sichtfeld nennt man monokular – es wird nur von einem Auge erfasst.
Dennoch können Pferde auch in diesem Feld räumlich sehen – denn sie lernen durch Erfahrung. So wie wir, wenn ein Auge verdeckt ist, noch immer die Kaffeetasse problemlos anheben und zum Mund führen können, kann auch das Pferd im monokularen Sichtfeld Entfernungen abschätzen.
Wie das Pferdeauge scharf sieht
Um jedoch Gegenstände möglichst scharf zu fokussieren, muss das Pferd den Kopf in die Richtung des Objekts drehen. Nur dann kann es binokular – also mit beiden Augen – sehen. Für diese Art des Sehens ist eine Korrespondenz zwischen bestimmten Netzhautarealen beider Augen nötig. Die Seheindrücke beider Augen müssen gleichzeitig wahrgenommen werden – das sogenannte Simultansehen.
Darüber hinaus müssen sie zu einem einzigen Bild verschmelzen, was als Fusion bezeichnet wird. Nur wenn diese beiden Faktoren stimmen, kommt es zum räumlichen Sehen. Doch die Schärfe entspricht nicht der des Menschen. „Die Linse des Pferdes arbeitet nicht so feinmotorisch wie beim Menschen, weswegen das Pferd Objekte nicht so gestochen scharf wahrnehmen kann wie wir“, sagt Professor Dr. Dr. József Tóth, der lange Zeit an der Tierklinik Hochmoor tätig war. Alles was weiter entfernt ist als zehn Meter, wird nur verschwommen wahrgenommen.
Pferde nehmen Farben anders wahr
Weniger wichtig in der Evolution des Pferdes war das genaue erkennen von Farben. „Die Welt, die das Pferd durch seine Augen wahrnimmt, ist nicht so farbenprächtig wie unsere. Das Pferd sieht alles etwas grauer als wir, sein Farbspektrum ist im Vergleich zum Menschen eingeschränkt“, erklärt Prof. Dr. Tóth.
Der Grund ist einfach erklärt: In der Netzhaut liegen bestimmte Sinneszellen, genannt Stäbchen und Zapfen, die sich grundlegend in ihrer Funktionsweise unterscheiden. Stäbchen sind lichtempfindlicher, können jedoch keine Farben wahrnehmen, dafür jedoch sprechen sie auf das Licht der Dämmerung und der Nacht an: Dann werden ausschließlich Schwarz-Weiß-Töne gesehen.
Pferdeauge: Weniger Zapfen als Menschen
Zapfen werden erst durch stärkeres Licht erregt und ermöglichen die Farbwahrnehmung. Sie springen nur bei Tageslicht an. im hellen licht sind jedoch die Stäbchen nicht funktionsfähig. Das erklärt beispielsweise, warum man nahezu blind ist, wenn man aus hellem Tageslicht einen dunklen Raum betritt. Menschen haben rund 125 Millionen Stäbchen und sechs Millionen Zapfen.
„Pferde haben weniger Zapfen als Menschen. Ihr Farbspektrum ist wissenschaftlich nicht genau erfasst. Sicher ist jedoch, dass sie Farben zwar erkennen und unterscheiden können, aber nicht in unserer Vielfalt und Ausprägung“, erklärt Professor Tóth. Die Zapfen lassen sich nämlich außerdem in drei verschiedene Zapfentypen unterscheiden: Rot-, Grün- und Blau-Zapfen. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Wellenlänge des Lichts, die jeweils am stärksten absorbiert wird.
Mischfarben werden durch die unterschiedlich starke Erregung der Zapfentypen wahrgenommen. Farbenblindheit entsteht aus fehlenden oder defekten Zapfentypen. Menschen besitzen drei Zapfentypen – Pferde nur zwei, die für Blau und Grün. Doch unser Farbspektrum, das im Wellenlängenbereich von 380 bis 780 Nanometer liegt, wird von anderen Tieren noch übertroffen.
Aufbau des Pferdeauges
Ein hartes, weißes Bindegewebe schützt das Pferdeauge ringsum, die sogenannte Lederhaut, unter der sich die dünne, pigmentierte Aderhaut befindet. Auf der Lederhaut liegt eine zarte Schicht Epithelzellen, die sogenannte Bindehaut, die das Auge ständig etwas feucht hält. Den Teil, an dem die Lederhaut durchsichtig und nicht von der Bindehaut bedeckt ist, nennt man Hornhaut. Durch die Hornhaut fällt das Licht ins Pferdeauge.
Die Farbe des Auges, die auch beim Pferd verschiedene Schattierungen aufweist – zumeist Brauntöne, jedoch kommen auch blaue Augen vor – wird von der Iris, der Regenbogenhaut, bestimmt. Sie reguliert die Lichtmenge, die durch die Pupille in das Auge fällt.
Kugelformige oder flache Linse: Pferdeauge
Das Hauptvolumen des Pferdeauges wird durch den Glaskörper gebildet. Er liegt hinter der Linse, die sich an die Pupille anschließt. Der Ziliarkörper produziert ständig klares Kammerwasser – ist der Abfluss verstopft , nimmt der Augeninnendruck zu und es kommt zum Glaukom, dem grünen Star.
Das Kammerwasser und der Glaskörper wirken wie Flüssigkeitslinsen und tragen zur Fokussierung des Lichts auf der Netzhaut bei. Die Netzhaut liegt direkt auf der Aderhaut, bildet damit die innerste Zellschicht des Pferdeauges und enthält die Photorezeptoren – die Stäbchen und Zapfen. Die Photorezeptoren senden bei Lichteinfall Signale aus, die über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet werden.
Während Fische nach dem Kameraprinzip durch Vor- und Zurückschieben der Linse die Scharfeinstellung regulieren, ändert sich bei Wirbeltieren die Form der Linse. Das ist beim Pferd wie beim Menschen gleich: Beim Fixieren eines nahen Objekts wird die Linse kugelförmig, bei weiter entfernten Gegenständen flach.
Augenfarbe – Besonderheit: Blaue Augen beim Pferd
Die meisten Pferde haben dunkle Augen. Dabei variiert die Farbe in den Brauntönen häufig von dunklem kastanienbraun bis hin zu helleren Bernsteintönen. Die Augenfarbe ist, wie bei uns Menschen, genetisch bedingt. Allerdings gibt es durchaus auch Pferde mit außergewöhnlichen Augenfarben wie beispielsweise blau. Dabei ist die Farbvarianz auch von der Rasse abhängig, so dass hier bei einigen Rassen öfter blaue Augen bei Pferden vorkommen, als bei anderen. Ein Beispiel wäre hier der Pinto.
Aber auch die Falben, Cremellos und Albinos zeigen durch das Aufhellungsgen bedingt, manchmal besondere Augenfarben. Zu den besonderen Augenfarben zählen neben dem sogenannten blauen Fischauge auch das helle Birkauge, sowie Glasauge. Wie dunkel oder hell die Pferdeaugen werden, hängt davon ab, wie viele Pigmente in der Iris eingelagert sind. So sind beispielsweise blaue Augen beim Pferd auf deutlich weniger eingelagerte Farbpigmente zurückzuführen, als bei den dunklen Tönen.
Iris ohne Farbpigmente: Pferdeauge
Wenn die Iris keine Farbpigmente bildet, wie beispielsweise oft bei Albinos, kommt es zu roten Augen. Das heißt, dass der Augapfel farblos ist und das Blut leicht hindurch schimmert. Bei Pferden mit dem Champagne-Gen können die Augenfarben sogar auch wechseln: Zum Beispiel von blauen Augen bei der Geburt, hin zu grün und je nach Fellfarbe später auch auf grau-braun.
Mit einem Auge kommen Pferde oft noch gut zurecht. Sind sie völlig blind, wird es meist sehr schwierig. Das Tückische: Aus einer scheinbar harmlosen Entzündung oder leichten Verletzung des Auges kann sich bei nicht ausreichender Versorgung eine ernsthafte Krankheit entwickeln, die schlimmstenfalls zur Blindheit führt.
Periodische Augenentzündung (Mondblindheit)
Auch Equine rezidivierende Uveitis kurz ERU genannt. Durch Bakterien hervorgerufene Entzündungen schädigen die Strukturen des inneren Auges bis zur Erblindung. Je nach Entzündungsgrad hat das Pferd starke Schmerzen, Fieber, tränende Augen und eine gerötete Bindehaut. Das Auge wird zugekniffen, das obere Lid ist geschwollen, die Pupille ist verengt und das Auge tränt. Das Pferd reagiert lichtempfindlich. Die Entzündung führt zu Verklebungen der Regenbogenhaut mit der Linse.
Im Pferdeauge kommt es zu einer Linsentrübung. Auch im Glaskörper entstehen Trübungen, schließlich kann die Verbindung der Netzhaut zum Augenhintergrund gelockert werden. Löst sich die Netzhaut ab, erblindet das Pferd meist. Tritt die Entzündung im vorderen Augenabschnitt auf, ist sie sehr schmerzhaft.
Ursache für die periodische Augenentzündung
Positiv allerdings dabei: Die Erkrankung im Pferdeauge fällt auf und kann sofort behandelt werden. Die Entzündungen kommen in Abständen von Tagen, Monaten oder Jahren wobei die Abstände kürzer und die Entzündungen heftiger werden. Im hinteren Augenabschnitt ist die Entzündung kaum schmerzhaft und kann schleichend fortschreiten. Oft wird sie erst beim erblinden des Pferdes bemerkt.
Verantwortlich für diese Krankheit sind zu 95 Prozent Leptospiren. „Das sind Bakterien, die in erster Linie von Mäusen und Ratten übertragen werden“, erklärt Professor Tóth. Nahezu jedes Pferd kommt mit dem Erreger in Kontakt. „Wenige haben das Pech, dass die Bakterien sowohl in den Blutkreislauf, als auch in ein oder beide Augen gelangen.“
Diagnose und Behandlung der periodischen Augenentzündung
Die klinische Untersuchung des Tierarztes diagnostiziert die ERU relativ sicher. Ganz sicher geht man aber nur, wenn das Kammerwasser auf Antikörper gegen Leptospiren untersucht wird.
„Bei akuten Augenentzündungen ohne Hornhautdefekt wird Atropin-Augensalbe zur Weitstellung der Pupille, sowie eine Augensalbe mit Kortison mehrmals täglich aufgetragen“, berichtet Professor Tóth. Ein entzündungs- und schmerzhemmendes Medikament (z.B. Phenylbutazon) wird verabreicht. Jedoch treten meist neue Entzündungen im Pferdeauge auf.
Glaskörperoperation (Vitrektomie)
Um diese und die damit verbundene fortschreitende Zerstörung des Auges zu stoppen, hilft nur die Glaskörperoperation (Vitrektomie) in Vollnarkose. Die Sehfähigkeit kann jedoch nur erhalten werden, wenn Linse und Netzhaut im Pferdeauge noch nicht geschädigt sind. „Bei der OP wird der Glaskörper klein geschnitten und abgesaugt. Entzündungsprodukte und Trübungen verschwinden dabei, eine Spülung entfernt die Bakterien.
Mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 95 Prozent ist die Augenentzündung nach der OP endgültig besiegt“, so Professor Tóth. Den Glaskörper braucht das Pferd nicht, er ist nur für die Embryonalentwicklung erforderlich und erfüllt beim erwachsenen Pferd keine Aufgabe mehr. „Durch seine Entfernung haben die Bakterien kein Versteck mehr. Meist bleiben die Pferde rund sieben bis acht Tage in der Klinik.
In Narkose operieren: Pferdeauge
Allerdings können nicht beide Augen in einer Narkose operiert werden, da das operierte Auge sonst während der OP des anderen Auges unter dem Gewicht des Kopfes leiden würde“, berichtet Prof. Tóth, der rund 150 Vitrektomien pro Jahr an der Tierklinik durchführte.
Bereits einen Tag nach der OP ist das Auge in der Regel geöffnet und schmerzfrei. In den USA wird dabei ein Verfahren angewandt, bei dem ein Langzeitentzündungshemmer in Form eines Plättchens (Cyclosporin-A-Implantate) in das Pferdeauge implantiert wird und kontinuierlich Medikamente abgibt.
Bindehautentzündung beim Pferd
Das Auge tränt wässrig oder eitrig, die Bindehaut ist gerötet und geschwollen, sie kann sogar glasig hervortreten. Das Pferd ist lichtempfindlich, hat Schmerzen und/oder Juckreiz am Auge, das sich warm anfühlt und komplett zuschwellen kann. In schweren Fällen bekommt das Pferd Fieber.
Ursache der Bindehautentzündung
Die Bindehaut umkleidet die Augenlider und einen Teil des Augapfels. Bindehautentzündungen können durch Bakterien, Viren und Parasiten entstehen und werden vielfach von Insekten übertragen. „Auslöser sind etwa Streptokokken und Staphylokokken, eben so wie Chlamydien.
Oft entsteht die Bindehautentzündung durch äußere Einflüsse wie Staub, starke Sonneneinstrahlung, Insekten, Fremdkörper wie ein Strohhalm im Auge oder Traumata. Auch chemische Reize wie Ammoniakdampf, Rauch oder Desinfektionsmittel können sie auslösen“, berichtet Tóth. Zugluft auf der Weide oder im Pferdestall ist hingegen nur selten schuld.
Diagnose und Behandlung der Bindehautentzündung
Bei Augenentzündungen sollte immer der Tierarzt gerufen werden. Um Verletzungen an der Hornhaut auszuschließen, wird der Tierarzt den grünen Farbstoff Fluoreszin ins Auge träufeln. Er haftet nur dort, wo die Oberfläche verletzt ist.
Der Tierarzt verschreibt meistens entzündungshemmende Salben, die regelmäßig – teilweise bis zu fünfmal am Tag, da die Salbe schnell durch die Tränenflüssigkeit ausgespült wird – aufgetragen werden müssen.
Vorsicht bei Augensalben
Alte oder angebrochene Augensalben gehören auf den Müll – eine Selbstmedikation mit Antibiotika oder Kortisonsalben ist gefährlich. „Wird Kortison im falschen Fall angewendet, kann es sogar ein Hornhautgeschwür auslösen, durch das das Pferd sein Auge verlieren kann.“, warnt Professor Tóth.
Tipp zur Vorbeugung: Zum Schutz vor Insekten sind spezielle Fliegenmasken sehr gut geeignet. Vor einigen Jahren gab es nur die mit vielen Bändern behängten Stirnbänder, die jedoch weit weniger schützen und zudem die Gefahr bergen, dass die Bänder selbst ins Auge geraten. Besonders bei reiner Weidehaltung in trockenen, staubigen Gegenden müssen die Augen regelmäßig kontrolliert werden.
Grüner Star beim Pferd (Glaukom)
In frühen Stadien sind meist keine Anzeichen zu beobachten und auch die Schmerzen sind gering. Allmählich treten weiß-graue Streifen auf dem Pferdeauge auf, die aus Rissen in der Hornhaut resultieren. „Durch den erhöhten Innendruck kann der Augapfel aus der Augenhöhle heraustreten, zudem kann es zu einem Hornhautödem kommen. Auch die Linse wird getrübt, das Pferd wird lichtscheu und die Sehkraft lässt bis zur Erblindung durch die Zerstörung der Netzhaut kontinuierlich nach“, erklärt Professor Tóth.
Oft ist die Pupille erweitert. Sie schließt bei direktem Lichtstrahl, wie beispielsweise mit einer Taschenlampe, verzögert – eine gesundes Pferdeauge reagiert blitzschnell auf den Lichteinfall.
Ursache des grünen Stars
Durch einen verminderten Abfluss des Kammerwassers im Pferdeauge erhöht sich der Augeninnendruck. Das Kammerwasser, das im Glaskörper produziert wird, fließt normalerweise von der hinteren Augenkammer durch die Pupille in die vordere Augenkammer und gelangt von dort über die Gefäße in der Hornhaut ins Blut. Verletzungen, Tumore oder äußere Verletzungen (Traumata) können die Ursache sein.
Das Glaukom kann auch Folgeerkrankung einer periodischen Augenentzündung des Pferdes sein. Doch auch eine angeborene Fehlkonstruktion kommt in Betracht – dann spricht man beim Pferd von einem Primärglaukom.
Diagnose und Behandlung des grünen Stars
Der normale Augeninnendruck liegt zwischen 17 und 28 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Mit der Tonometrie, einem Messgerät, das die Hornhautspannung erfasst, wird der Augeninnendruck am lokal betäubten Pferdeauge erfasst. Beim Glaukom ist der Druck um das Zwei- oder auch Dreifache höher. Unbehandelt führt der grüne Star in unterschiedlichen Zeiträumen zur Erblindung.
Augentropfen wie Atropin hemmen die Kammerwasserproduktion, Medikamente wie Pilocarpin verengen die Pupille und erleichtern so den Abfluss. Auch Beta-Blocker können den Druck im Pferdeauge senken. Sprechen die Medikamente nicht an, kann das Auge gelasert werden. Dabei wird der Glaskörper teilweise zerstört, um die Kammerwasserproduktion zu senken. Sinkt der Druck im Auge des Pferdes jedoch nach circa zwölf Tagen nicht auf ein normales Niveau, muss nochmals gelasert werden. Auch die vielfach bei der periodischen Augenentzündung angewandte Vitrektomie erzielt gute Erfolge.
Hornhautverletzung beim Pferd: Hornhautgeschwür
Auch Keratitis ulcerosa oder Hornhautulzera genannt. Die Pferde haben Schmerzen. Es kann zu einem Krampf des Augenlids, verstärktem Tränenfluss, schleimigen Absonderungen, Blutungen im Auge, Hornhautödemen und Hornhautdefekten kommen. Die Hornhautveränderungen können oberflächlich oder tiefgehend auftreten und mit Gewebszerfall und Substanzverlust der Hornhaut enden. Es kann zur Erblindung des Pferdes kommen.
Häufige Ursache sind Viren wie Herpes, Bakterien und Pilzinfektionen wie mit Aspergillus, die Hornhautulzera bewirken können. Ebenso kommen Vergiftungen oder Mangelernährungen bzw. Unterversorgungen der Hornhaut in Frage. Auch mechanische Verletzungen, sowie ein starkes Austrocknen der Hornhaut, wie auch abnutzungsbedingte Prozesse können auftreten.
Prof. Tóth erklärt: „Funktionieren die vor der Hornhaut liegenden Schutzeinrichtungen wie der Tränenfilm nicht mehr, können Mikroorganismen leicht eindringen und Entzündungen auslösen.“
Diagnose und Behandlung einer Hornhautverletzung
Mit einem Farbstoff wie dem grünen Fluoreszin oder Bengalrosa kann der Tierarzt defekte Teile der Hornhaut im Pferdeauge erkennen, weil der Farbstoff sich an den geschädigten Bereichen anlagert. Die Therapie bei einem Hornhautgeschwür ist kompliziert und Medikamente schlagen oft nicht ausreichend an.
Es geht darum, die Regeneration der Hornhaut zu stimulieren, sie gleichzeitig gegen weitere Infektionen zu schützen und den Schmerz auszuschalten. „Kortikosteroide können allerdings den Wiederaufbau des Hornhautepithels verzögern sowie die benötigten Kollagenfasern ab- statt aufbauen“, warnt Professor Tóth.
Mögliche Alternativen: „Cyclosporin A ist ein ungiftiges Medikament mit antimikrobieller Wirkung, das keinen negativen Effekt auf die Wundheilung hat. Doch wenn die Medikamente nach einigen Tagen keine Besserung oder sogar eine Verschlechterung bewirken, muss operiert werden“, so Tóth.
Kontaktlinsen zum Schutz der Hornhaut des Pferdes
Neben verschiedenen OP-Techniken kommt auch die Therapie mit Kontaktlinsen in Frage. „Weiche Kontaktlinsen wirken als schützende Barrieren zwischen Augenlidern, Tränenfilm und der Hornhaut. Sie können als Träger für Medikamente genutzt werden, reduzieren Schmerzen, die Lichtempfindlichkeit und verhindern ein Austrocknen der Hornhaut. „Unter dem Schutz der Kontaktlinse kann die Hornhaut heilen“, berichtet Professor Tóth. Die Linsengröße wird mit einer Schablone gemessen, die Kontaktlinsen werden dem sedierten und lokal betäubten Pferd eingesetzt.
„Die Kontaktlinsen beschlagen nicht. Sportpferde können so weiter eingesetzt werden. Ich kenne den Fall eines Rennpferdes, das drei Monate mit Kontaktlinsen lief.“ Die Kontaktlinse dient als Gerüst für den Heilungsprozess. An ihr kann sich das neue Kornea (Hornhaut)-epithel anheften, bevor es sich an der Hornhaut-Oberfläche verankert. „Die Linsen können länger getragen werden, müssen jedoch in regelmäßigen Abständen vom Tierarzt gereinigt werden“, berichtet Professor Tóth, der sie bei einer rein infektiösen Ursache jedoch nicht anwendet.
Grauer Star beim Pferd (Katarakt)
Nach und nach wird die Linse trüb bis zum Totalstar. Dann ist die Linse vollständig getrübt und das Pferd erlebt die Welt wie beim Blick durch eine beschlagene Autoscheibe – nur schemenhaft in hell-dunkel-Abstufungen, Gegenstände können nicht mehr genau erkannt werden, das Pferd kann vermehrt scheuen. Je nach Lage der milchig-blauen Trübungen der Linse spricht man von Kern-, Rinden- oder Nahtstar. Der Nahtstar kann so liegen, dass er das Sehen nicht beeinflusst. Oft sieht er aus wie ein hellblauer Stern auf der Linse des Pferdes.
Beim Altersstar breitet sich die Trübung im Laufe der Jahre immer weiter aus. Tritt die weißhaltige Linsensubstanz aus der Linsenkapsel aus, kommt es zu einer starken Entzündung, da das Eiweiß vom Körper als Fremdkörper gesehen und entsprechend bekämpft wird. Bei dieser „phakolytischen Uveitis“ erblindet das Pferd. Auch bei einer Linsenluxation – die Linse löst sich aus der Verankerung – kann es zur Netzhautablösung und Erblindung kommen.
Ursache und Diagnose des grauen Stars
Während die mit durchsichtigen Kollagenfasern gefüllte Linse beim Fohlen noch weich ist, wird sie im Alter immer härter. Das im Glaskörper enthaltene Kammerwasser transportiert Stoffwechselprodukte und fließt von der hinteren Augenkammer durch die Pupille in die Vorderkammer. Lagert sich dabei Kammerwasser in die Linse ein, quellen die Fasern auf und die Linse wird trüb. Eine Linsentrübung des Pferdes kann altersbedingt auftreten, Folge einer periodischen Augenentzündung sein oder aus Augenverletzungen resultieren.
Zur Untersuchung der Sehkraft wird der Tierarzt mit einer speziellen Taschenlampe in das Auge leuchten. An der Reaktion des Pferdes kann er erkennen, ob eine Störung vorliegt. „Normalerweise zwinkert das Pferd mit dem Lid und die Pupille verengt sich sofort“, berichtet Professor Tóth. Bei Anomalien folgen weitere Untersuchungen.
Behandlung des grauen Stars
Eine medikamentöse Behandlung ist bei getrübten Linsen je nach Schwere kaum bis gar nicht möglich. Ist nur der Linsenkern getrübt, können pupillenerweiternde Medikamente helfen. Dadurch gelangt mehr Licht ins Auge. Eine komplett getrübte Linse kann jedoch medikamentös nicht wieder durchsichtig gemacht werden. Man kann allerdings operieren. Dann werden die Linsenfasern zertrümmert und abgesaugt. Dazu wird das Pferd in Vollnarkose gelegt und ein vibrierendes Ultraschallgerät, auf dem eine hohle Nadel sitzt, in die Linse eingesetzt.
Das Gerät vibriert mit 21 Millionen Schwingungen pro Sekunde und zerstört dadurch den trüben Linseninhalt, der gleichzeitig abgesaugt wird. Die volle Sehkraft kann jedoch nicht wieder hergestellt werden. Das Pferd sieht weiterhin leicht verschwommen. Um die Gefahr einer Netzhautablösung zu minimieren, kann eine Kunstlinse eingesetzt werden, durch die das Auge Stabilität erhält. Eine Vorbeugung ist hier nicht möglich. Das heißt: schnell reagieren und bei Auffälligkeiten sofort Tierarzt rufen!