Wir zeigen Ihnen, bei welchen Notfällen an den Hufen Sie Ihrem Pferd helfen können und wann Sie umgehend den Tierarzt rufen sollten. Von Hufrehe bis Nageltritt: Wie Sie Krankheiten erkennen und wie Sie bei Hufproblemen schnell Erste Hilfe leisten können.
Kein Huf, kein Pferd – an diesem kurzen Satz ist viel Wahres dran. Jeder Pferdebesitzer, dessen Pferd schon einmal Probleme mit den Hufen hatte, kann ein Lied davon singen. Denn die Hufe eines Pferdes sind nicht nur Stoßdämpfer und Sinnesorgane, sondern sie erfüllen auch wichtige Funktionen als Blutpumpe für das Pferd. Bei Notfällen am oder im Huf ist meistens der Tierarzt gefragt. Was Pferdebesitzer tun können, bis dieser eintrifft, und welche Fälle sich alleine zu Hause behandeln lassen, das erzählt Ihnen unsere Tierärztin Kathleen Teegen.

Die Hufe sind Stoßdämpfer und können im Krankheitsfall schnell Probleme des ganzen Bewegungsapparates mit sich ziehen. (© Jacques Toffi)
Erste Hilfe bei Hufproblemen: Huflederhautentzündungen
Die Lederhaut ist eine dünne Haut zwischen dem Knochen im Huf, dem Hufbein, und der äußeren Hornkapsel. Sie besteht aus kleinen Lamellen, die Knochen und Huf verzahnen, sodass sie das Hufbein hält und trägt. Außerdem bildet sie das Horn von innen nach außen. Die Lederhaut kann sich auf verschiedene Weise entzünden:
- Durch mechanische Traumen können Sohlenquetschungen entstehen, auch „Steingallen“ genannt.
- Auch bei zu kurz gelaufenen oder geschnittenen Hufen kann eine Huflederhautentzündung entstehen.
- Dringen Erreger in den Huf ein, kann sich die Lederhaut auch eitrig entzünden: Hufabszess.
- Auch die Hufrehe ist eine chronische Form der Lederhautentzündung, wird allerdings in den meisten Fällen nicht durch äußere, sondern durch innere Einflüsse ausgelöst.
Was tun bei Huflederhautentzündung?
Ein Notfall an den Hufen zeigt sich meist schnell: Im Stall angekommen, will sich das Pferd kaum von der Weide holen lassen, es mag nicht auftreten, das Gesicht zeigt Schmerzanzeichen. Ein wichtiges Anzeichen für entzündliche Prozesse im Huf ist vermehrte Wärme. Hierzu sollte mit der Handfläche der Huf angefasst und mit den anderen Hufen verglichen werden. Wärme in einzelnen Bereichen kann schon auf die beteiligten Strukturen hinweisen.
Die vermehrte Durchblutung zeigt sich auch in der verstärkten Pulsation der Hauptmittelfußarterie. Legt man den Zeigefinger nach innen an den Fesselkopf locker auf, kann man das bleistiftstarke Gefäß fühlen. Das Fühlen der Pulsation erfordert etwas Übung, gibt aber vergleichend mit der Pulsation der gesunden Beine einen guten Hinweis auf einen krankhaften Prozess. Bei Hinweisen auf ein Problem im Huf sollte der Tierarzt informiert werden. Dieser drückt mit einer Zange den Huf und kann damit sogar schon einen Abszess eröffnen.
Bis dahin sollte man das Pferd auf weiche Einstreu stellen, zu viel Bewegung vermeiden und bei starken Symptomen einen Hufverband anlegen. Im Verband kann das altbekannte Sauerkraut genutzt werden, denn neben der kühlenden Funktion kann es den Huf durch die Feuchtigkeit aufweichen und den Eiterherd reifen lassen, sodass er sich von selber eröffnet und abfließt. Der Verband sollte allerdings täglich gewechselt werden.

Ein richtig angelegter Hufverband schützt vor Infektionen und bietet einen gewissen Druckschutz. (© Christiane Slawik)
Vorsicht bei Schmerzmitteln fürs Pferd!
Während bei einer aseptischen Huflederhautentzündung Schmerzmittel verabreicht werden können, sollten diese bei Verdacht auf ein Hufgeschwür auf keinen Fall gegeben werden. Denn in den schmerzlindernden Medikamenten sind immer auch Entzündungshemmer vorhanden, die den Eiterherd nicht ausreifen lassen, sodass er nicht abheilen oder aufgeschnitten werden kann.
Diese Art von unterdrückten Hufgeschwüren können auch noch nach Wochen aus der Tiefe hervorbrechen, häufig über den Kronsaum. Gerade wenn das Horn hart ist, sucht sich der Eiter den „weichsten“ Weg. Pferde zeigen dies häufig durch immer wiederkehrende Lahmheiten.

Ein Hufgeschwür ist oftmals extrem schmerzhaft und sollte schnell behandelt werden. Schmerzmittel sind hier aber tabu! (© Christiane Slawik)
Erste Hilfe bei Hufproblemen: Sonderfall Hufrehe
Die Hufrehe ist, wie eingangs beschrieben, auch eine Form der Lederhautentzündung. Das ist ein absoluter Notfall und bedarf umgehender Behandlung: Als akuten Reheschub bezeichnet man als Tierarzt die ersten acht bis 24 Stunden. Hier kann man noch aktiv in das Entzündungsgeschehen eingreifen. Sobald man den Verdacht eines Reheschubs hat, sollte umgehend der Tierarzt verständigt werden.
In der Zwischenzeit sorgt das Kühlen der Hufe für ein Verengen der Gefäße und eine verminderte Ablagerung der toxischen Stoffe. Dies kann sowohl durch einen normalen Wasserschlauch geschehen als auch durch Hufglocken, die umgedreht auf den Huf gesetzt und mit Eiswürfeln gefüllt werden. So hat man eine stetigere Kühlung über längere Zeit. Das Pferd sollte sich unter keinen Umständen mehr viel bewegen, sondern in eine dick gepolsterte Box gestellt werden, bis der Tierarzt da ist. Zudem sollte kein Kraftfutter verabreicht werden.
Notfall Nageltritt
Rostige Nägel, die aus Koppelpfosten gucken, das halb abgetretene Hufeisen, dessen Aufzug sich verschiebt: Der sogenannte Nageltritt kann schnell zum akuten Notfall werden. Denn obwohl der Huf und die Sohle dick erscheinen, liegen direkt darunter die empfindlichen Strukturen wie Gelenk, Sehnenscheide und Knochen. Sollten diese betroffen sein, muss das Pferd in einer Klinik in Narkose gelegt und das Gelenk gespült werden, da ein infiziertes Gelenk ein Todesurteil sein kann.
Erste Hilfe bei solchen Hufproblemen: Den Nagel niemals selbst herausziehen! Manchmal dichtet er den Einstichkanal ab – entfernt man ihn, können Schmutz und Keime ungehindert eindringen. Deshalb sofort den Tierarzt rufen und das Pferd möglichst ruhigstellen. „Wenn man den spitzen Gegenstand entfernt, hat man außerdem oftmals ein Problem, weil das Spiralhorn des Strahls das Loch schnell verschließt und man bei der Untersuchung später die Einstichstelle nicht wiederfindet“, gibt Hufschmied Stefan Kos zu bedenken. „Deshalb markiert der Tierarzt die Stelle, wo der Nagel saß, vorm Rausziehen – zum Beispiel, indem er eine Einkerbung mit dem Hufmesser macht.“
Eingerissene Hufe und Hornspalten
Auch Risse in der Hufwand – sogenannte Hornspalten – sollten nicht unterschätzt werden. Sie können oberflächlich verlaufen und harmlos sein, aber auch tief bis zur Lederhaut reichen und Lahmheit verursachen. Die Ursachen sind vielfältig: Fehlstellungen und ungünstige Belastungen, brüchiges Horn durch Nährstoffmangel, zu lange Intervalle zwischen Hufbearbeitungen oder ungeeignete Beschläge, aber auch Verletzungen am Kronrand können Spalten verursachen.
Zudem schwächen Trockenheit, mangelnde Hygiene oder eine falsche Fütterung das Horn. „Wir sehen immer mehr trockene und brüchige Hufe“, sagt Hufschmied Stefan Kos. „Ich denke, dass die Wetterextreme da eine große Ursache sind: nass – trocken – nass – trocken. Bei den Pferden, die viel draußen sind, sieht man viel mehr kleinere Risse, dadurch, dass der Huf weich wird. So drückt sich in die weiße Linie Sand hinein, und es bildet sich ein kleiner Sohlensporn. Hier sollte man immer darauf achten, dass die Risse im Huf sauber gehalten werden, denn Sand wirkt da wie ein Keil im Huf.“
Erste Hilfe gegen Risse: Regelmäßige Hufpflege ist Pflicht. Saubere Haltungsbedingungen und eine ausgewogene Fütterung verbessern die Hornqualität. Je nach Ausprägung kann ein spezieller Beschlag stabilisieren, in anderen Fällen ist barhuf besser. Bei Verdacht auf Infektionen muss ein Tierarzt hinzugezogen werden.

Hornspalten sind nicht immer problematisch, sollten jedoch gut beobachtet und fachmännisch beurteilt werden. (© Christiane Slawik)
Erste Hilfe bei Hufproblemen: Strahlfäule
Auch Strahlfäule kann zum Notfall werden, wenn sie weit fortgeschritten ist. Anfangs zeigt sie sich durch übel riechende schwarze Stellen im Strahl, die meist noch schmerzfrei sind. Dringt die Fäulnis jedoch tiefer, kann der Strahl empfindlich werden und das Pferd lahmgehen.
Erste Hilfe bei Strahlfäule: Der Huf sollte gründlich gereinigt und trocken gehalten werden. Eine saubere, trockene Einstreu ist hierbei entscheidend. Zusätzlich können desinfizierende Lösungen oder spezielle Pflegemittel eingesetzt werden, bis der Tierarzt oder der Hufschmied die weitere Behandlung übernehmen.
Lose oder abgetretene Eisen
Ein weiterer häufiger Notfall sind lose oder abgetretene Eisen. Denn bleibt ein Eisen halb am Huf hängen, besteht die Gefahr, dass es Teile der Hufwand einreißt oder den Kronrand verletzt.
Erste Hilfe bei diesen Hufproblemen: Das Pferd sollte ruhiggestellt und nicht mehr bewegt werden, um weitere Schäden zu vermeiden. Wer geübt ist, kann ein Eisen vorsichtig komplett abnehmen, ansonsten sollte es provisorisch fixiert werden, bis der Hufschmied kommt. In jedem Fall gilt: schnell handeln, um Verletzungen am Huf zu verhindern!

Eine individuelle Pflege des Hufes durch den Schmied und den Besitzer ist elementar. (© Christiane Slawik)
Aus der Praxis
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der erst fünfjährige Holsteiner-Wallach Carlchen. Er war ursprünglich wegen einer Beinverletzung in Behandlung, die chirurgisch versorgt werden konnte. Doch durch die Schonhaltung belastete er das andere Vorderbein so stark, dass er dort eine Belastungsrehe entwickelte. Trotz intensiver Therapie kam es zum „Ausschuhen“ – das Hufbein und die Lederhaut lagen frei. In diesem Stadium blieb uns nur, ihn zu erlösen. Solche Fälle zeigen drastisch, wie gefährlich eine Rehe verlaufen kann.
Tipp zur Hufpflege
Stefan Kos rät: „Bei zu trockenen Hufen sollte man den Huf erst wässern. Da kann man auch gerne mal einen Eimer nehmen und ihn fünf Minuten baden, denn der Huf funktioniert ja wie ein Schwamm. Wenn man die Hufe danach einfettet oder ölt, kann die Feuchtigkeit eingeschlossen werden, und der Huf kann sie besser aufnehmen. Bei zu nassen Hufen sollte man den Huf erst trocknen und dann mit Öl oder Fett verschließen.“

