Sie wachen über das Geschehen auf den Abreiteplätzen: FEI-Stewards tragen eine große Verantwortung für Fairness und Pferdewohl. Doch wie weit dürfen sie wirklich eingreifen? Und wie wird man selbst ein FEI-Steward?
Wenn es im Pferdesport um Leistung geht, stehen Pferde und Reiter im Rampenlicht. Doch im Hintergrund agiert eine zentrale Figur für Fairness, Sicherheit und Tierwohl: der FEI-Steward. Als verlängerter Arm des internationalen Pferdesportverbandes FEI (Fédération Equestre Internationale) sorgt er für die Einhaltung aller sportlichen und tierschutzrechtlichen Regeln – insbesondere bei internationalen Turnieren. Doch was genau machen FEI-Stewards? Welche Befugnisse haben sie? Und wie wird man einer von ihnen?
Aufgaben der FEI-Stewards: Mehr als nur Kontrolle
FEI-Stewards sind die offiziellen Aufsichtspersonen der FEI bei internationalen Pferdesportveranstaltungen. Sie überwachen insbesondere die Vorbereitungsplätze, die Stallungen und die Veterinärbereiche. Ihr Augenmerk gilt dem Wohl des Pferdes, der Einhaltung der Ausrüstungsbestimmungen und einem regelkonformen Ablauf nach dem FEI-Reglement. Sie greifen ein, wenn Anzeichen unsachgemäßen Umgangs, zweifelhafter Trainingsmethoden oder der Einsatz unzulässiger Ausrüstung beobachtet werden.
Auch die Begleitung von Dopingkontrollen, Equipment-Checks und die Kontrolle von Quarantänevorgaben gehören zu ihrem Aufgabenbereich. Gleichzeitig sind sie Vermittler und Ansprechpartner. Sie erklären Regelwerke, beantworten Fragen und tragen durch ihr ruhiges und souveränes Auftreten maßgeblich zur professionellen Atmosphäre auf einem Turnier bei.
Ermahnen, dokumentieren, melden
FEI-Stewards haben allerdings keine Entscheidungsgewalt über sportliche Platzierungen – das bleibt allein der Jury vorbehalten. Ihre Aufgabe besteht vielmehr darin, Regelverstöße zu erkennen und Teilnehmer gegebenenfalls zu verwarnen sowie etwaige Vorfälle zu dokumentieren. Diese Meldungen gehen dann an den Präsidenten der Ground Jury oder an den Technischen Delegierten (TD), der dann über weitere Maßnahmen entscheidet.
Eine festgelegte Anzahl von Ermahnungen gibt es nicht. Gefragt sind hier vielmehr Sachverstand, Fingerspitzengefühl und Konsequenz. Das sorgfältige Verfassen von Steward-Reports gehört daher ebenso zum Alltag eines Stewards wie die enge Zusammenarbeit mit Tierärzten, Offiziellen und Veranstaltern.
Der Weg zum FEI-Steward
Der Einstieg erfolgt über nationale Turniererfahrung, häufig als Richter oder Offizieller. Bewerber müssen durch ihren nationalen Verband für die FEI-Steward-Ausbildung nominiert werden. Voraussetzungen sind ein fundiertes Regelwissen, die sportfachliche Qualifikation und eine mehrjährige Erfahrung auf Turnieren.
Die Ausbildung erfolgt über FEI-zertifizierte Seminare, die disziplinspezifisch (zum Beispiel: Dressur, Springen, Vielseitigkeit) organisiert sind. Nach einem erfolgreichen Abschluss wird der Steward auf Level 1 lizenziert. Mit wachsender Erfahrung und regelmäßiger Weiterbildung können weitere Level (bis Level 4) erreicht werden.
Vier Level – wachsende Verantwortung
FEI-Stewards werden nach einem klar strukturierten Level-System eingestuft. Je höher das Level, desto größer die Verantwortung und die Komplexität der Einsätze. Level 1 umfasst in der Regel regionale oder kleinere internationale Turniere, während Level 3 und 4 auf große Veranstaltungen, Weltmeisterschaften sowie Olympische Spiele zielen. FEI-Stewards mit höherem Level übernehmen zunehmend auch Leitungsfunktionen, führen Kollegen an, organisieren Briefings oder sind in der FEI Veterinary Commission eingebunden.
Fachwissen trifft Fingerspitzengefühl
Ein guter FEI-Steward braucht weit mehr als Regelkenntnisse. Integrität, Kommunikationsstärke, Neutralität und ein sicheres Auftreten sind ebenso wichtig wie Teamfähigkeit und Stressresistenz. Gerade bei internationalen Großveranstaltungen arbeiten Stewards unter enormem Zeitdruck, treffen auf hochprofessionelle Teams aus aller Welt und müssen dennoch den Überblick behalten. Die Stewards sind zentrale Instanzen für das Pferdewohl, die Fairness und die Einhaltung von Vorgaben – oft in Situationen, die Fingerspitzengefühl und Durchsetzungskraft zugleich verlangen.
FEI-Stewards unter Druck – Verantwortung und Konflikte
Stewards stehen regelmäßig in Situationen, die hohe Sensibilität erfordern. Ihr Auftrag ist es, Regeln durchzusetzen, auch wenn dies zu Konflikten mit Reitern, Trainern oder Betreuern führen kann. Sie müssen Neutralität wahren, auch wenn Emotionen hochkochen oder nationale Interessen eine spürbare Rolle spielen.
Hinzu kommt die hohe Verantwortung für das Tierwohl. Eine zu späte Reaktion kann Risiken für das Pferd bedeuten, ein vorschnelles Eingreifen wiederum sportliche Karrieren beeinträchtigen. Der Balanceakt zwischen Kontrolle und Kommunikation macht den Job so anspruchsvoll – und essenziell für einen fairen, tierschutzgerechten Pferdesport.
Unverzichtbar für den internationalen Pferdesport
FEI-Stewards leisten einen wertvollen Beitrag, der oft unsichtbar bleibt. Sie sorgen dafür, dass sportliche Leistungen unter klaren, überprüfbaren Bedingungen stattfinden – weltweit einheitlich, transparent und tierschutzkonform. Wer diesen Weg einschlagen möchte, braucht Erfahrung, Überzeugungskraft und das Herz am rechten Fleck. Denn die Stewards sind es, die hinter den Kulissen für ein sicheres, faires und sauberes Turniergeschehen sorgen – auf allen Ebenen des internationalen Pferdesports.
FEI-Stewards und FN-Richter: Zwei Rollen, eine Verantwortung
Wenn es um Fairness, Pferdewohl und Regelkonformität auf dem Abreiteplatz geht, treffen zwei unterschiedliche Systeme aufeinander: das internationale FEI-Steward-System und die nationale Praxis in Deutschland, wo oft FN-Richter diese Aufgaben übernehmen. Beide eint das Ziel – doch Ausbildung, Befugnisse und Strukturen unterscheiden sich deutlich.
Aufgaben und Zuständigkeit
FEI-Steward |
FN-Richter |
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Befugnisse
FEI-Steward |
FN-Richter |
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Ausbildung und System
FEI-Steward |
FN-Richter |
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