Springreiter Richard Vogel galt bereits in Paris 2024 als Mitfavorit. Am Ende gab es keine Medaille. Nun folgt ein neuer Anlauf bei der EM.
Richard, wie sind deine ersten Eindrücke von der EM-Anlage in A Coruña?
Sehr, sehr gut! Die Pferde fühlen sich hier extrem wohl. Wir haben feste Stallungen, die hervorragend isoliert sind – das macht gerade bei warmem Wetter einen riesigen Unterschied. Dazu kommt das Klima: angenehme Temperaturen, frische Atlantikluft. Die Bedingungen könnten kaum besser sein.
Wie wichtig ist das für die Pferde – auch in Bezug auf ihr Wohlbefinden?
Sehr wichtig. Man merkt richtig, wie positiv sich das Setup auf die Pferde auswirkt. Als sie am ersten Tag aus den Stallungen kamen, haben sie tief durchgeatmet – fast so, als würden sie spüren: Hier ist ein besonderer Ort. Auch die Trainingsmöglichkeiten sind top: Wir haben zwei große Abreiteplätze, eine super Arena und eine Galoppbahn mit leichtem Anstieg – ideal, um die Pferde locker zu arbeiten.
Besonderes Interieur
Was macht dein Pferd United Touch S für dich besonders?
Er hat herausragende Anlagen – viel Galopp, enorme Sprungkraft, riesiges Vermögen. Aber was ihn wirklich besonders macht, ist sein Interieur. Er hat eine fantastische Arbeitseinstellung. Auch wenn sein Galopp nicht von Natur aus ganz einfach zu reiten war, haben wir gemeinsam daran gearbeitet – und er macht das mit. Er will sich verbessern. Genau deshalb sind wir so weit gekommen.
Gab es einen besonderen Parcours, der dir in Erinnerung geblieben ist?
Da gab es einige. Unser größter Erfolg war sicher der Sieg im Großen Preis in Genf – aber der beste Parcours ist nicht immer der mit dem größten Preisgeld. Es gibt Runden, in denen man sich mit dem Pferd als Einheit fühlt, in denen alles fließt – auch wenn vielleicht ein Fehler passiert. Das sind die Runden, die besonders viel Freude machen. Das ist das, worauf wir hinarbeiten.
Was motiviert dich persönlich im Sport?
Das hängt vom Pferd ab. Mit den älteren Pferden geht es darum, kleine Stellschrauben zu justieren, sich immer wieder zu verbessern. Stillstand ist Rückschritt. Aber besonders viel Spaß macht uns – also Sophie (Hinners), David (Will) und mir – auch die Arbeit mit jungen Pferden. Da sieht man von Tag zu Tag Fortschritte. Das ist extrem motivierend. Gerade bei den Vier- bis Sechsjährigen sieht man Entwicklung auf allen Ebenen. Das treibt uns an und motiviert uns, unseren Stall genauso zu führen, wie wir es tun.
Team-Medaille als Ziel
Was ist dein Ziel für die Europameisterschaft?
Klar ist: Im Vordergrund steht die Mannschaftswertung. Wenn man für Deutschland antritt, ist das Ziel immer, mit einer Medaille nach Hause zu kommen. Und natürlich hoffen wir, dass im Einzel am Ende auch noch etwas geht.
Gibt es einen Ratschlag, der dich im Sport besonders geprägt hat?
Ja – und der begleitet mich bis heute: „Hinfallen ist keine Schande – nur liegen bleiben.“
Im Reitsport erlebt man mehr Rückschläge als Erfolge, das gehört dazu. Wichtig ist, dass man aus Fehlern lernt, Emotionen auch mal beiseiteschiebt, sachlich analysiert und es beim nächsten Mal besser macht.
Wann hast du realisiert, dass du in der Weltspitze angekommen bist?
Ich glaube, das ist vor allem vom Pferd abhängig. Ich habe das große Glück, ein Pferd wie United Touch reiten zu dürfen – und auch sehr, sehr gute weitere Pferde zu haben. Ein Pferd allein reicht nicht aus. Ohne die weiteren Pferde wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Sollte sich das irgendwann ändern, ist man auch schnell wieder auf einem anderen Level unterwegs. Das ist Teil unseres Sports – und man wächst wieder von unten heran.
Wie ist der Austausch mit deiner Partnerin Sophie als sportliches Duo?
Wir geben uns gegenseitig Rückhalt, wir arbeiten stets eng zusammen, tauschen uns aus, geben uns Ratschläge. Das bedeutet mir viel. Es ist wichtig, auch mental jemanden hinter sich zu haben. Glauben versetzt Berge. Wenn man unsicher in Parcours reinreitet, dann geht der Plan meistens nicht so auf, wie man es sich wünscht. Gerade im Zeitspringen, wenn man einen Plan hat, der sich vielleicht im Laufe der Prüfung wackelig anfühlt, ist es wichtig, dass jemand sagt: „Glaub daran, das es funktioniert.“
Das Gespräch führte Sabine Gregg.