Den richtigen Sattel zu finden kann ein langer Prozess sein. Jede Marke hat unterschiedliche Vor- und Nachteile, und natürlich passt längst nicht jeder Sattel zu jedem Pferd. Doch der Sattel sollte nicht nur zum Pferd, sondern auch zum Reiter passen!
Genauso unterschiedlich wie die Rücken der Pferde sind die Knochengerüste der Menschen. Kleine Menschen brauchen einen anderen Sattel als Menschen mit langen Beinen, kräftigere Reiter benötigen eine andere Sitzfläche als Kinder.
Viele Reiter würden ihrem Pferd zuliebe wohl auch einen weniger bequemen Sattel in Kauf nehmen, solange er dem geliebten Vierbeiner passt. Dies ist jedoch keine optimale Lösung, denn Pferd und Reiter müssen sich mit dem Sattel wohlfühlen. Unpassende Sitzflächen können auch beim Reiter für Verspannungen und einen falschen Sitz sorgen und somit auch dem Pferd schaden.
Die Sitzfläche des Pferdesattels
Jeder Sattel verfügt über eine bestimmte Sitzfläche. Zu dieser gehört neben der bekannten Sitzlänge auch die Breite. Ebenfalls wichtig, denn auch diese sollte nicht nur auf das Pferd, sondern auch auf den Reiter abgestimmt werden. Jedoch sollte man sich hier überlegen, ob ein sehr schmales Pferd langfristig zu einem breiteren Reiter passt. Die Sitzfläche wird nach der Länge des Schenkelknochens und der Größe des Gesäßes bestimmt. Wird eine dieser Komponenten außer Acht gelassen, sind die Chancen hoch, dass der Sattel nicht passt.
Soll ein Pferd also von Kindern und Erwachsenen geritten werden, wäre je nach Größenunterschied die Anschaffung zweier Sättel zu überlegen, denn ein Kleinkind wird Schwierigkeiten mit der Hilfengebung haben, wenn der Sattel auf einen Erwachsenen abgestimmt ist. Auch umgekehrt wird ein Erwachsener in einem Kindersattel nicht sitzen können und so nicht korrekt reiten.
Sättel beeinflussen maßgeblich, wie gut der Reitersitz auf dem Pferd ist und wie sich über Gewichtshilfen reiten lässt. (© Christiane Slawik)
Der passende Dressursattel – für Pferde und Menschen
Bei einem klassischen Sattel für englisches Reiten sollten sowohl nach vorne als auch nach hinten circa zwei bis vier Zoll Platz bleiben, was ungefähr fünf bis zehn Zentimetern entspricht. Eine beliebte Maßeinheit sind hier auch die Finger. Zwischen Po und Sattelkranz sollten vier Finger spielend Platz finden. Da die Sattelgröße in Zoll gemessen wird, ergibt sich meist ein Wert zwischen 16 und 18 Zoll.
Die Breite der Sitzfläche ist wichtig, damit beide Sitzbeinhöcker Kontakt mit dem Sattel haben, denn nur so können korrekte Gewichtshilfen gegeben werden. Für eine ausreichende Sitzfläche sollte also der Abstand zwischen den eigenen Sitzbeinhöckern gemessen und um drei bis vier Zentimeter pro Seite erweitert werden.
Mit dem richtigen Sattel Sitzfehler eliminieren
Je besser der Sattel zum Reiter passt, desto korrekter können Hilfen gegeben werden. Sitzt der Reiter in einer zu schmalen Sitzfläche, neigt er zum Spaltsitz, was häufig auch zum Wundreiten führt. Eine zu breite Sitzfläche hingegen fördert Hüftschmerzen. Immer häufiger wurden zuletzt aufgrund der körperlichen Unterschiede von Männern und Frauen geschlechtsspezifische Sättel gefordert.
Vor allem Frauen neigen tatsächlich dazu, ihr Becken unnatürlich nach vorne zu kippen. Um das Becken gerade zu halten, sollte daher die Bauch- und Gesäßmuskulatur entsprechend trainiert werden. Ist das Becken nicht beweglich genug, kann der Reiter nicht mitschwingen, was nicht nur dem Pferd schadet, sondern auch für den eigenen Rücken ungesund ist.
Die Bedeutung von Pauschen und Riemen am Sattel für Pferd und Reiter
Auch die Pauschen am Dressursattel sind wichtig für den richtigen Sitz. Passen diese nicht zum Oberschenkel des Reiters, wird auch das Pferd in seinem Ablauf behindert, da das Bein die Pausche gegen die Schulter des Pferdes drückt. Des Weiteren sind die Steigbügelriemen und deren Aufhängung ein Punkt, der vor allem Reiterinnen das Leben häufig erschwert. Zu verspannten Oberschenkeln und einem klemmenden Sitz können auch zu dicke Steigbügelriemen führen.
Vor allem bei Frauen, die natürlicherweise rundere Oberschenkel haben, sind die gängigen Riemen häufig zu dick. Um dem Scheuern zu entfliehen, wird im Sitz geklemmt, Hilfen können nicht richtig eingesetzt werden, und das Pferd wird nicht loslassen. Dünnere Steigbügelriemen können helfen, dieses Problem auszuschließen.
Spezieller Sattel zum Reiten für Frauen
Die gängigen Sättel für englisches Reiten wurden für Männer entworfen. Auch wenn heute viel mehr Frauen im Reitsport zu finden sind, wurden die Sättel kaum angepasst. Der in Kanada ansässige deutsche Sattler Jochen Schleese entwirft Sättel speziell für Frauen. Diese verfügen über einen breiteren Sattelbaum im hinteren und einen schmalen Teil im vorderen Bereich.
Durch ein Loch im vorderen Bereich des Sattels wird Platz für das Schambein geschaffen, welches so nicht am Sattel anstößt. Mit seinem Konzept hat Schleese großen Erfolg – die Sättel aus Kanada werden mittlerweile auch in Deutschland vertrieben, und viele Reiterinnen sind sehr zufrieden.
Ob man sich nun einen speziellen Frauensattel anschaffen möchte oder nicht – zum richtigen Reiten ist ein passender Sattel für Pferd und Reiter unerlässlich.
Für Mensch und Pferd: was muss ich beim Sattel-Kauf beachten?
Bei Sattel, Trense und Co. zählt immer mehr als nur die Optik. Das Equipment hat unter anderem Auswirkungen auf die Losgelassenheit, die Gesundheit, den Sitz sowie die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd. Gerade der Pferdesattel ist die Nahtstelle zwischen zwei Individuen, die miteinander kommunizieren. Deshalb ist der Sattel-Kauf ein so zentrales Thema. Die folgenden Punkte müssen erfüllt sein, damit ein harmonisches Reiten möglich ist:
- Bewegungsfreiheit für den Reiter: Ein passender Sattel erlaubt es dem Reiter, im Schwerpunkt zwanglos auf dem Pferd zu sitzen. Der Reiter kann das Bein locker aus dem Hüftgelenk im Lot nach unten hängen lassen und mit dem Becken den Bewegungen des Pferdes in alle Richtungen folgen. Nur so ist es möglich, feine Hilfen zu geben sowie geschmeidig und rückenfreundlich zu sitzen.
- Nicht zu tief sitzen: Viele Reiter haben Probleme, den enormen Schwung moderner Sportpferde geschmeidig auszusitzen. Ein tiefer Sattelsitz suggeriert zunächst, dieses Problem lösen zu können, doch in Wahrheit wird der Reiter regelrecht in seiner Sitzposition festbetoniert. Das Becken wird steif und es kommt zu Blockaden im gesamten Körper. Der Reiter kann den Bewegungen des Pferdes nicht mehr folgen und ist nicht mehr in der Lage, unabhängige Hilfen zu geben.
- Vorsicht bei dicken Pauschen: So mancher Reiter fühlt sich sicherer und meint besser sitzen zu können, wenn ihm dicke Knie- und Oberschenkelpauschen Halt geben. In Wahrheit behindern sie jedoch die Becken- und Beinfreiheit. Das hat auf Dauer Folgen für den gesamten Bewegungsapparat. Hinzu kommt, dass der Reiter umgehend in den Spaltsitz kippt, wenn dicke Pauschen gegen die Vorderseite des Oberschenkels drücken.
- Zwangloses Knie: Manche Dressursättel haben ein sehr weit zurückgeschnittenes Sattelblatt. Damit soll das lange Bein gefördert werden, allerdings wird dadurch verhindert, dass das Knie des Reiters ohne Probleme in eine angenehme und vor allem funktionelle Position leiten kann. Ein überstrecktes Bein führt zu festen Beckenmuskeln und Verspannungen im gesamten Körper, die sich wiederum auf das Pferd auswirken.
- Bewegungsfreiheit für das Pferd unterm Sattel: Der Sattel darf das Pferd nicht in seinen Bewegungen einschränken. Nur so können alle Muskeln ihrer Funktion entsprechend arbeiten. Die Wirbelsäule bleibt vom Sattel unberührt, und das Reitergewicht wird möglichst gleichmäßig auf dem Rücken verteilt.
Ein neuer Sattel sollte in jeder Gangart und am besten über ein paar Wochen getestet werden. (© Holger Schupp)
- Schulterfreiheit für das Pferd unter dem Sattel: Beim Kauf ist darauf zu achten, dass der Sattel die Schulter des Pferdes nicht einengt oder zu sehr auf die Muskulatur und die dort verlaufenden starken Faszien drückt. In diesem Zusammenhang spielen vor allem der Trapezmuskel und seine umgebenden Strukturen eine Rolle, denn die biomechanisch so wichtige Trapezmuskelregion kann nicht dauerhaft Druck ertragen.
- Wirbelsäule und Kissenkanal: Der Kissenkanal des Sattels muss zur Wirbelsäule des Pferdes passen. Hat diese zu wenig Platz, dann kommt es zu erhöhtem Druck und einer Einschränkung der Beweglichkeit. Bei einer zu großen Kammerweite berührt der Sattel die Nerven der Dornfortsätze, gerät ins Rutschen und scheuert. Unter diesen Umständen kann auch der Reiter nicht mehr ausbalanciert und fein einwirken.
- Eine passende Auflagefläche: Bei einem kurzen Pferd führt eine zu große Auflagefläche dazu, dass der Sattel seitlich regelrecht in der Luft hängt und scheuert. Zudem drückt er im hinteren Bereich oft in die Lende. Dieses Problem besteht meist, wenn der Reiter aufgrund seiner Körpergröße oder seiner Figur eine große Sitzfläche benötigt, aber das Pferd im Rücken kurz ist.