Der australische Triumph im Nationenpreis der Vierspänner beim CHIO Aachen kam für viele überraschend: Boyd Exell und Tor van den Berge setzten sich mit deutlichem Vorsprung gegen das deutsche Team durch. Während Exell auch die kombinierte Einzelwertung souverän gewann, sorgten die deutschen Fahrerinnen Anna Sandmann und Anna Mareike Meier mit Spitzenleistungen für Gesprächsstoff – und für neue Fragen an die Teamaufstellung.
Der Sieg der Australier im Nationenpreis der Vierspänner in Aachen war eine faustdicke Überraschung. Boyd Exell und Tor van den Berge setzten sich mit 352,78 Punkten klar von den deutschen Fahrern ab, die 367,29 Punkte auf ihrem Konto verbuchten und damit (mal wieder) Zweiter wurden. Dritte wurden die Fahrer aus Belgien. Ihr bester Fahrer, Glenn Geerts, steuerte mit seinem guten Ergebnis aus dem sonntäglichen Kegelfahren, das er ohne einen Abwurf bewältigte, maßgeblich zum guten Mannschaftsergebnis bei. 370,29 Punkte sammelten er und seine Mannschaftskollegen Dries Degrieck und Tom Stockmans insgesamt.
Das war so nicht erwartet – zumal die Niederländer, die den Nationenpreis in der Soers schon 16-mal gewonnen haben, in diesem Jahr zwar auch ihre besten Fahrer an den Start gebracht hatten, aber irgendwie lief es nicht so rund wie sonst für IJsbrand Chardon, seinen Sohn Bram und Koos de Ronde. Auf dem ungewohnten vierten Platz mit 377,04 Punkten fanden sich die erfolgsverwöhnten „Oranje“ wieder.
Im deutschen Lager war man noch recht optimistisch in den Sonntag gestartet. Der Abstand zu den nach Dressur und Marathon führenden Australiern war gering. Mit Anna Sandmann, Michael Brauchle und Georg von Stein waren drei gute Kegelfahrer für das deutsche Team am Start. Die Australier waren nur zu zweit im Team, konnten also kein Streichergebnis verbuchen.
Als erster deutscher Starter ging Georg von Stein in den Parcours – es war gar nicht sein Tag. Mit 18,83 Strafpunkten blieb er weit hinter den Erwartungen zurück. Als Tor van den Berge mit 17,39 Strafpunkten durchs Ziel fuhr, lasteten alle Hoffnungen auf Michael Brauchle – die leider nicht in Erfüllung gingen. Vier Bälle plus Zeitfehler – lange Gesichter beim Bundestrainer und den Aktiven.
Jubel kam auf, als Anna Sandmann als drittes Teammitglied, lediglich mit ein paar Strafpunkten belastet, eine fabelhafte Leistung ablieferte. Damit stand schon fest, dass sie mindestens auf dem dritten Rang die kombinierte Prüfung abschließen würde. Ein riesiger Erfolg für die nervenstarke Emsländerin (179,53 Punkte).
Trotz dieser großen Leistung stand jetzt schon fest, dass der Sieg im Nationenpreis dahin war, denn der in der Einzelwertung mit respektablem Vorsprung führende Boyd Exell würde diesen wohl kaum verspielen.
Vor ihm aber startete noch Anna Mareike Meier – und für sie war und ist Aachen ein gutes Pflaster. 2024 wurde sie hier Zweite in der kombinierten Wertung, 2022 und 2023 wurde sie Dritte. Auch in diesem Jahr gelang ihr eine tolle Runde im Kegelparcours – lediglich Zeitstrafpunkte. Toller zweiter Platz (173,09 Punkte) hinter Boyd Exell. Der siebenmalige Weltmeister verzeichnete zwar im Normalparcours einen Abwurf, der konnte aber seine Spitzenposition überhaupt nicht gefährden. Mit 154,56 Punkten gewann er zum vierten Mal in Folge die kombinierte Prüfung für Vierspänner in Aachen.
Nach den überragenden Platzierungen der beiden deutschen Fahrerinnen stellte sich natürlich die Frage, warum Anna Mareike Meier nicht als Teamfahrerin benannt war – damit hätte es locker zum Sieg gereicht. Müßig, darüber zu diskutieren. Offen bleibt die Frage allemal.
Die besten acht Gespanne aus der ersten Runde im Kegelfahren, das für den Nationenpreis und die Einzelwertung zählt, dürfen in einer Siegerrunde um den Sieg in dieser Prüfung fahren. Fast schon ist man geneigt zu sagen: Klar hat Boyd Exell gewonnen – wer sonst? Es ist dennoch kaum zu glauben, dass der elfmalige Weltcupsieger auch diese Prüfung noch für sich entscheiden konnte.
Damit hat er 2025 in Aachen alle vier Prüfungen gewonnen – und dazu zum insgesamt 13. Mal die kombinierte Prüfung in Aachen. Das gab es so noch nie – er bricht im Fahrsport alle Rekorde. Und so ganz nebenbei hat er auch noch Anteil an den guten Leistungen der beiden Damen Meier und Sandmann, die regelmäßig von ihm unterstützt werden.
Das Fazit des Bundestrainers Karl Heinz Geiger fiel gemischt aus: große Freude über die hervorragenden Leistungen seiner zweit- und drittplatzierten Fahrerinnen, Enttäuschung, dass es für das deutsche Team wieder „nur“ zu Platz zwei gelangt hat.
Dennoch kann er der Anfang September in Lähden stattfindenden Europameisterschaft der Vierspänner einigermaßen entspannt entgegensehen. Nicht ausgeschlossen, dass im deutschen Team dann erstmalig zwei Damen im Einsatz sind. Dort ist nicht nur Anna Sandmanns Heimat – sie hat überdies in diesem Jahr im Mai bei dem an gleicher Stelle stattfindenden CAI die kombinierte Wertung gegen große Konkurrenz für sich entschieden.