Von Abu Dhabi nach Warendorf: Mit ihrem Gestüt Al Shira’aa prägt Sheikha Fatima zunehmend den internationalen Pferdesport und übernimmt großzügige Sponsorings. Das wirft Fragen auf: Wie viel Einfluss haben ausländische Geldgeber? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Leidenschaft und Strategie?
Al Shira’aa – das ist längst mehr als ein Gestüt in Abu Dhabi. Hinter dem Namen steht ein stetig wachsendes Netzwerk aus Zucht-, Sport- und Sponsoringaktivitäten, koordiniert von H.H. Sheikha Fatima, die mit vollem Namen Sheikha Fatima bint Hazza bin Zayed Al Nahyan heißt.
Ihr Name wird auch in Europa und Deutschland immer präsenter und taucht immer häufiger auf – seien es das Hamburger Derby, das Turnier der Sieger in Münster oder jüngst die Bundeschampionate in Warendorf, die sich nun einreihen in eine Riege international anerkannter Reitsportveranstaltungen, die Al Shira’aa als Titelsponsor gewinnen konnten. Denn auch die Partnerschaft zwischen Al Shira’aa und dem Hickstead Derby wurde um fünf Jahre verlängert.
Dieser Beitrag soll einordnen: Wie ist das Firmengeflecht gebaut? Welche Ziele und welche Kritik gibt es? Und wie positionieren sich deutsche Akteure dazu? Wird der deutsche Pferdesport abhängig von Geldgebern aus dem Ausland? Welche Gefahr könnte das bergen?
Das ist Sheikha Fatima von Al Shira’aa
Sheikha Fatima ist die Tochter des stellvertretenden Herrschers von Abu Dhabi. Außerdem ist sie die Enkelin des Gründers der Vereinigten Arabischen Emirate. Und sie ist leidenschaftliche Pferdeliebhaberin sowie Züchterin, wie auf der eigenen Website steht. Die öffentliche Selbstbeschreibung betont Kulturpflege („Heritage“), Nachwuchsförderung und den Anspruch, den Pferdesport „den Menschen“ zurückzugeben.
Schon ihr Vater und Großvater seien begeisterte Reiter und Züchter gewesen, diese Leidenschaft habe sie von klein auf geprägt, heißt es weiter. Aus der frühen Begeisterung für Pferde hat sich bei der jungen Frau eine eigene Reiterkarriere entwickelt, die schließlich in die Gründung von Al Shira’aa Stables vor rund zwölf Jahren mündete.
Sheikha Fatima fördert den Reitsport in den Emiraten
Heute verfügt Al Shira’aa über Standorte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Großbritannien, Deutschland, Irland und Spanien und konzentriert sich auf Zucht, Sportpferde und die Förderung des Nachwuchses. Eines der zentralen Ziele ihres Engagements sei auch die Stärkung des Reitsports in den Emiraten.
Durch die Finanzierung von Pferden, Training und internationaler Expertise habe Al Shira’aa maßgeblich dazu beigetragen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate historische Erfolge feiern konnten – darunter drei Medaillen bei den Asienspielen und erstmals die Olympia-Qualifikation mit einem kompletten Team für Paris 2024.

Die Al Shira’aa Horse Tour ist ein zweiwöchiges Showjumping-Meeting in Abu Dhabi mit mehr als 750.000 Euro Preisgeld. (© Melissa Tielesch)
Die Pferdezucht spielt eine große Rolle
Die Ställe betreiben eigene Gestüte, stellen Nachwuchspferde vor und fördern Jungzüchter und -züchterinnen. Damit verbindet Al Shira’aa das gesamte Spektrum des Pferdesports – von der Basis bis zur Spitze. Auf hickstead wird die Vision der neuen Bundeschampionats-Ehrenpräsidentin Sheikha Fatima deutlich. Sie wünsche sich, „den Pferdesport als wertvolles Kulturgut zu bewahren, fernab von kurzfristiger Kommerzialisierung“.
In einer FN-Pressemitteilung anlässlich der Bundeschampionate hieß es zudem, Ihre Hoheit glaube daran, dass der Pferdesport den Menschen gehören muss – nicht dem Profit: „Mein Antrieb ist stets die Liebe zu Pferden und den Menschen, die ihn bewahren.“
Deutschland im Fokus von Al Shira’aa
Das Engagement in Deutschland passt zu den selbst formulierten Zielen der Sheikha: Die Bundeschampionate gelten als Schaufenster für die besten jungen Pferde – und genau hier steigt Al Shira’aa als Titelsponsor ein. Das Turnier der Sieger in Münster hingegen ist ein Traditionsort für den Springsport – es wurde mit 300.000 Euro Preisgeld ausgerichtet. Beim Hamburger Derby tritt Al Shira’aa ebenso als Partner und Brand auf. In Summe verschiebt sich das Sponsoring-Zentrum sichtbar nach Deutschland.

Fröhliches Treiben auf den Bundeschampionaten Warendorf 2025: Die Ausstellermeile war an den Messetagen gut besucht. (© Melissa Tielesch)
Sheikha Fatima und der Vorwurf des Sportwashings
In der Berichterstattung großer Reitsport-Events fiel der Name Al Shira’aa in jüngster Vergangenheit aber auch deshalb, weil die Zusammenarbeit mit der Falsterbo Horse Show in Schweden wieder aufgelöst wurde: Kaum war das Titelsponsoring öffentlich gemacht worden, entbrannte in den Medien und in sozialen Netzwerken eine hitzige Diskussion. Kritiker warfen den Organisatoren vor, mit der Zusammenarbeit „Sportwashing“ zu betreiben – also den Pferdesport als Bühne für Imagepflege eines ausländischen Geldgebers zu nutzen.
In der Folge sollen freiwillige Helferinnen und Helfer abgesprungen sein, auch der Ticketverkauf habe gelitten. Unter diesem Druck hatte der Veranstalter die Reißleine gezogen und den Vertrag wieder aufgelöst. Sheikha Fatima reagierte und wies die Vorwürfe zurück. Ihr Engagement, so betonte sie, diene ausschließlich dem Erhalt von Traditionen, der Förderung junger Pferde und Reiter sowie dem kulturellen Stellenwert des Pferdes.
Die Omnipräsenz von Al Shira’aa
Dass Al Shira’aa aktuell an so vielen Stellen auftaucht, kann aber möglicherweise noch mehr Gründe haben, wie die Website Rimondo veröffentlicht:
- Strategie der Internationalisierung – das Engagement in Europa stärkt die internationale Marke.
- Tradition bewahren – viele große Turniere sind auf stabile Sponsoren angewiesen, um bestehen zu können.
- Den Reitsport zugänglich machen.
Deutschland hat einen der größten und traditionsreichsten Pferdesport- und Zuchtbereiche in Europa. Das heißt, es bietet damit eine sehr gute Bühne für ebenjene Sponsoren, die Zucht und Nachwuchs fördern und mit diesem Engagement ein Publikum erreichen wollen, das den Pferdesport erhalten möchte oder sogar von ihm profitiert. Deutschland liegt zudem geografisch günstig, ist kulturell fest verwurzelt im Pferdesport und genießt hohe Aufmerksamkeit für den Dressur– und Springsport sowie die Vielseitigkeit. Wer international wirken will, darf Deutschland nicht ausklammern.

Alles vertraut, aber einiges neu: In diesem Jahr hat Al Shira’aa das Titelsponsoring der Bundeschampionate übernommen. (© Melissa Tielesch)
Sponsoring im Pferdesport: Zwischen Förderung und Abhängigkeit
Außerdem wichtig: Viele etablierte Turniere und Events in Deutschland haben durch immense Kostensteigerungen und zeitgleich schwindende öffentliche Förderungen große finanzielle Herausforderungen zu meistern. Sponsoring von außen kann helfen, solche Veranstaltungen abzusichern oder auf hohem Niveau zu halten: Aber kann es auch zu Abhängigkeit führen?
Gerade weil Al Shira’aa in Deutschland inzwischen bei gleich drei Traditionsveranstaltungen präsent ist, wird das Engagement hierzulande nicht nur positiv gesehen. Kritiker fragen: Macht sich der deutsche Pferdesport von einem einzelnen Geldgeber aus dem Ausland abhängig? Und was passiert, wenn dieser Partner sich wieder zurückzieht – wie es in Schweden der Fall war? Hinzu kommt die Frage nach Transparenz: Exakte Summen werden selten veröffentlicht, das ist jedoch bei fast allen Sponsoren der Fall.
Sichtbar sind vor allem Titelrechte und hohe Preisgelder. Für die Veranstalter ist das ein willkommenes Polster in Zeiten steigender Kosten und sinkender öffentlicher Förderung. Doch je mehr Strahlkraft eine Marke wie Al Shira’aa bekommt, desto größer wird auch ihr Einfluss auf Wahrnehmung und Außendarstellung des Sports. Genau hier setzen kritische Stimmen an: Kann der Reitsport noch frei entscheiden, wenn einzelne Sponsoren so viel Gewicht haben?
Sponsoring im Reitsport: „notwendig und normal“
Fakt ist, dass die Deutsche Reiterliche Vereinigung bezogen auf die Bundeschampionate in Warendorf in diesem Jahr zum ersten Mal die Vermarktung, das Marketing und die komplette Umsetzung selbst übernommen und dafür die DOKR-Servicegesellschaft gegründet hat, wie Turnierleiter Markus Scharmann im Interview mit Hooforia berichtet. Zuletzt habe man mit der riesigen Veranstaltung auf dem DOKR-Gelände in Warendorf kein wirtschaftliches Plus schreiben können, das erklärte Ziel sei aber, das Turnier auf dem Areal des DOKR zu erhalten, und das gehe nicht ohne Sponsoring.

Im Vorgarten der FN: Die Bundeschampionate sind auf der Anlage des DOKR in Warendorf beheimatet. (© Melissa Tielesch)
„Mein Eindruck ist eindeutig, dass der Fakt, dass wir die Vermarktung in diesem Jahr selbst übernommen haben, deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen hat. Zu der Tatsache, dass Al Shira’aa das Hauptsponsoring übernommen hat, gab es kaum Rückfragen“, sagt Scharmann weiter. „Wir hatten immer Titelsponsoren, das ist normal und notwendig. Ohne die geht es auch im Reitsport nicht. Das fängt schon auf den kleinen Turnieren und im ländlichen Bereich an.“ Im Übrigen sei das auch in allen anderen Sportarten so, es gebe häufig Sponsoren aus internationalem Kontext.
BC-Hauptsponsor Al Shira’aa
Die Familie von Sheikha Fatima bint Hazza bin Zayed Al Nahyan habe die finanziellen Möglichkeiten, sie habe eine Leidenschaft für Pferde, und so sei es eine klassische Win-win-Situation. Nun hatte kurz zuvor der Hauptsponsor der FN, die Agria-Tierversicherung, frühzeitig den Vertrag aufgelöst. Was, wenn Al Shira’aa dasselbe täte?
„Es kann uns immer passieren, dass ein Sponsor sich wieder zurückzieht. Das ist normal und kann passieren. Dafür gibt es langfristige Verträge, die beiden Partnern gleichermaßen Sicherheit geben. Aber der Wunsch von Al Shira’aa, international sichtbarer zu werden, deckt sich mit unserem Wunsch: Weiterhin die traditionellen Bundeschampionate auszurichten und uns gleichzeitig internationaler aufzustellen.“

Mittendrin: Turnierleiter Markus Scharmann war an allen Tagen des Bundeschampionats irgendwo am Turnierplatz zu finden. (© Melissa Tielesch)
Einen Einfluss auf sportliche Entscheidungen habe der Sponsor nicht, betont Markus Scharmann. In seinen Augen müsse man sich in Deutschland Gedanken machen, wie man den Wirtschaftsstandort stärken könne, und zwar auch abseits des Pferdesports. „Je besser aber die Außenwirkung des deutschen Pferdesports ist, desto mehr Leute werden ein Interesse daran haben, sich einzubringen. Und das muss eines unserer Ziele sein: zeigen, was unseren Sport ausmacht und wieso es sich lohnt, das zu erhalten und zu unterstützen.
Die Bausteine des Al Shira’aa-Geflechts
- Al Shira’aa Stables: Sport- und Zuchtplattform mit internationalen Projekten
- Al Shira’aa Farms: Europäische Standorte für Sportpferde, Dressur/Springen sowie Araber/ PRE-Zucht; der Standort in Großbritannien dient laut der eigenen Website im Sommer auch als Trainingsstätte
- Al Shira’aa Horse Show/„Tour“ (Abu Dhabi): Zweiwöchiges Showjumping-Meeting (2025) mit mehr als 750.000 Euro Preisgeld
- Partnerschaften/Sponsoring in Europa: Hickstead Derby (UK), Deutsches Spring- und Dressur-Derby (Hamburg), Turnier der Sieger (Münster) und seit diesem Jahr Bundeschampionate (Warendorf)
Karriere, Kunst und Kultur – Das Engagement von Sheikha Fatima
Sheikha Fatima engagiert sich auch in anderen Bereichen: Sie hat sich als eine wichtige Stimme für Frauenförderung und gesellschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Arabischen Emiraten etabliert. Sie ist Vorsitzende des Boards der Fatima Bint Mubarak Ladies Sports Academy (FBMA), einer Institution, die im Jahr 2010 gegründet wurde und seitdem gezielt Frauen und Mädchen im Sport unterstützt.
Zudem gibt es die Fatima Bint Hazza Cultural Foundation: Bereits 1997 gegründet, fördert diese Stiftung Kultur, Kreativität und Kinderliteratur in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie die Website worldofshowjumping offenbart. Unter ihrem Vorsitz wurden zudem Initiativen auf den Weg gebracht, die von Fußball-Ligen und Fitnessprogrammen bis hin zu internationalen Reitturnieren für Frauen reichen.
Darüber hinaus setzt Sheikha Fatima Akzente in Bildung und Kulturförderung. Sie unterstützt Stipendienprogramme für junge Frauen, fördert Projekte im Bereich Kunst und Literatur und legt laut einem offiziellen Statement besonderen Wert auf die Verbindung von Tradition und Moderne. In diesem Rahmen positioniert sie das Pferd nicht nur als Sportpartner, sondern als kulturelles Erbe, das in den Emiraten tief verwurzelt ist.

2023 bekam Sheikha Fatima bint Hazza bin Zayed Al Nahyan von der Arab London Foundation den Arab Woman Award verliehen. (© X / Arabian Royal Ag)
Sheikha Fatima: Frauenrechtlerin, Akademikerin und Künstlerin
International wird sie zunehmend als Symbolfigur weiblicher Führung im Sport dargestellt. Während sie mit Al Shira’aa die Nachwuchsförderung und den internationalen Pferdesport vorantreibt, vermittelt ihr Engagement zugleich eine klare Botschaft: Frauen sollen in den Emiraten die gleichen Chancen im Sport erhalten wie Männer.
Auch hat Sheikha Fatima selbst mehrere akademische Titel. Sie hat einen Bachelor of Fine Arts in Visual Communication von der American University in Dubai (mit Auszeichnung) und absolvierte später noch einen Executive MBA (2021) sowie einen MSC in Projektmanagement (2022) an der University of Essex (UK).
Doch auch das ist noch nicht alles: Als Künstlerin realisiert sie Installations-, Foto- und Videokunst – ihr Werk „The Black Garment: An Oriental Story“ brachte ihr sowohl lokale Anerkennung als auch Auszeichnungen, genauso wie die Zusammenarbeit mit Bulgari: Sie entwarf zwei Schmuckkollektionen für den Luxusgüterhersteller, inspiriert von floralen Mustern und symbolträchtigem Design.
 
			
 
			 
			