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Bundestrainer Karl Heinz Geiger über die Zukunft des Fahrsports


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Bundestrainer Karl Heinz Geiger (© Pauline von Hardenberg)

Im Interview mit Bundestrainer Karl Heinz Geiger gibt dieser einen offenen Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen des Fahrsports in Deutschland und international.

Herr Geiger, wo steht der Fahrsport Ihrer Ansicht nach aktuell national und international?

Unser größtes Problem sind die Kosten, die uns in allen Bereichen Sorgen machen. Der Fahrsport an sich ist schon ein teurer Sport, gemessen daran sind die Geldpreise auf den Turnieren, sieht man mal hier von Aachen ab, zu niedrig. Meistens erhalten die Fahrer auch bei guten Platzierungen nicht einmal ihren Einsatz zurück, und da rede ich noch nicht einmal von Transportkosten, Stallgeld oder Kosten für den persönlichen Bedarf.

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Gibt es eigentlich genug Nachwuchs bei den Fahrern?

Der Nachwuchs im Fahrsport ist schon da. Bei der Deutschen Jugendmeisterschaft sind 140 Gespanne an den Start gegangen, das war sehr erfreulich, auch die gezeigten Leistungen waren gut. Wie im Reitsport bleiben nicht alle dabei, aber einige machen auch den nächsten Schritt. Allerdings fahren sie dann öfter Ponygespanne oder Einspänner, manche auch noch Zweispänner, bei den Vierspännern gibt es nur selten einen Nachwuchsfahrer oder -fahrerin. Auch hier sind die hohen Kosten oft ein Grund.

Wie ist die Entwicklung der Fahrturniere?

Wir haben auch immer weniger Turniere, und die werden immer größer. Während früher ein Fahrturnier Freitag, Samstag, Sonntag stattfand, fängt es heute häufig schon am Mittwoch an. Und das kostet nicht nur mehr Stallgeld, der Fahrsport ist ja keine Einmannschau, sondern jeder Fahrer braucht seine Crew zur Unterstützung. Diese Helferinnen und Helfer sind in der Regel berufstätig, müssen für die Turniere also Urlaub nehmen. Das ist ziemlich viel verlangt, wenn jemand seinen gesamten Urlaub für Fahrturniere opfern soll.

Haben Sie das Gefühl, dass der Fahrsport in der Öffentlichkeit akzeptiert wird?

Zwar sind bei einem „normalen“ Fahrturnier in der Regel mehr Zuschauer als bei einem „normalen“ Reitturnier, wir fühlen uns also von der Gesellschaft durchaus akzeptiert, aber es wird immer schwerer, Sponsoren zu finden. Für die Veranstaltungen ist es schon problematisch, noch schwieriger wird es bei der Einzelförderung für einen Fahrer. „Sport mit Tieren wollen wir nicht so gern fördern“, haben wir schon von ein paar Firmen gehört. Die sponsern dann lieber einen Mannschaftssport. Natürlich versuchen wir auch durch unsere FN mehr gefördert zu werden, aber auch hier ist – wie wir alle wissen – das Geld knapp. Gefördert werden dort in erster Linie die olympischen Disziplinen, das wissen wir, wünschen uns dennoch natürlich mehr Unterstützung.

Ein großes Thema ist derzeit das Wohlergehen des Pferdes. Wie weit ist das im Fahrsport angekommen und welchen Stellenwert hat es?

Das ist natürlich angekommen und spielt auch eine große Rolle. Positiv wirkt sich in erster Linie die veränderte Philosophie der Parcoursbauer auf. Das hat großen Einfluss auf den Fahrstil. Die modernen Anforderungen im Marathon und im Kegelparcours ermöglichen rundes, harmonisches Fahren. So werden nicht nur unschöne Fahrten vermieden, bei denen der Fahrer oft nur mit grober Einwirkung auf die Pferdemäuler die gestellte Aufgabe meistern konnte, sondern losgelassene, durchlässige Pferde bewältigen die Anforderungen wesentlich eleganter und zufriedener. Auch auf dem Dressurviereck hat sich durchgesetzt, dass die Faktoren Losgelassenheit und Durchlässigkeit, beides ja Grundpfeiler der Ausbildung, inzwischen höher bewertet wird. Die früher in meinen Augen oftmals zu hohe Bewertung der Grundgangarten steht nicht mehr vorab.

Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Spitzenfahrerin Anna Mareike Meier, geborene Harms, die seit Jahren brilliert mit ausgezeichneten Leistungen vor allem auf dem Dressurviereck. Ihre Pferde sind stets losgelassen und durchlässig, treten vertrauensvoll ans Gebiss und glänzen dennoch mit guten Grundgangarten. Die sie auch bei diesen Voraussetzungen voll entfalten können.

Immer wieder stehen im Pferdesport die Gebisse im Fokus der kritischen Öffentlichkeit. Wie muss man die oft doch relativ scharf gezäumten Pferde im Fahrsport da einordnen?

Das ist in der Tat ein sensibles Thema, über das auch häufig diskutiert wird. Leider sind die Regeln der FEI und der deutschen FN nicht gleich. International ist eigentlich alles erlaubt, was nicht verboten ist, wie zum Beispiel gebisslose Zäumung. Umgekehrt ist national nur erlaubt, was explizit im Regelwerk verzeichnet ist. Da wünschen wir uns eine Vereinheitlichung, sprich eine Nacharbeitung durch die FEI.

Ein Wort noch zum Peitscheneinsatz, den ja jeder Laie mühelos bewerten kann.

Ohne Peitsche gelingt die Ausbildung eines Fahrpferdes nicht, im Gegensatz zu den Reitern können wir ja keine Schenkelhilfe geben. Der Einsatz muss dosiert und gezielt erfolgen, niemals als Strafe, sondern nur als Hilfe einzuordnen. Auch ein Fahrpferd muss klassisch ausgebildet werden, sprich von hinten nach vorn, das gelingt nur mit dem angemessenen Einsatz der Peitsche im richtigen Moment. Prügel oder Schläge wirken sich immer kontraproduktiv aus, das Pferd darf schließlich keine Angst vor der Peitsche haben. Außerdem kann der Fahrer maximal die Stangenpferde mit der Peitsche motivieren, die Vorderpferde erreicht er ohnehin nicht, sie müssen schon von sich aus gehen. Da ist der Fahrer dann stimmlich gefordert.

Also Tierschutz, welfare for the horse, ist im Fahrsport durchaus angekommen. Allerdings wie auch in anderen Bereichen, in denen Menschen mit Tieren arbeiten, noch unterschiedlich nach verschiedenen Kulturen, abhängig vom Land und Nation. Wir hoffen, im positiven Rampenlicht zu bleiben, wobei die Zukunft des Fahrsports schwer vorhersehbar ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Christine Meyer zu Hartum Redakteurin
Alle Artikel von Christine Meyer zu Hartum

Expertin für den Fahrsport mit eigener Erfahrung sowohl auf dem Bock als auch als Turnierorganisatorin. Westfälische Züchterin mit erfolgreichen Kindern in Pferdesport und -zucht. Reitwartin und Ansprechpartnerin in der Rubrik „Leser fragen, Experten antworten“. Berichterstatterin über internationale Voltigierevents von vielen Welt- und Europameisterschaften.

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