Im dritten Teil unserer Serie über Reitunfälle und die Erkenntnisse, die man als Reiter daraus ziehen kann, erzählt nun unser Leser Andreas von seinem Erlebnis. Nur dass er dabei noch nicht mal auf dem Pferd gesessen hat. Was ist ihm widerfahren?
Letzten Sommer hatte ich mir vorgenommen, ein paar Dinge auszuprobieren: gebisslos reiten, ohne Sattel, dazu das Thema „Einparken und Aufsteigen“. Ich suchte nach neuen Impulsen, Abwechslung, ein bisschen Tüftelei – das ist genau mein Ding. Für solche Experimente gehe ich gerne in die kleine Longierhalle. Dort ist es ruhig, es gibt keine Ablenkung, es ist die perfekte „Spielwiese“.
Also: Aufstiegshilfe parat gemacht – in meinem Fall ein zweistufiger Tritt –, neben die Stute gestellt, einmal kräftig oben draufgedrückt. Wackelt nicht, alles bombenfest und stabil. So hatte ich das schon zigmal gemacht. Also hochgestiegen, kurz Luft geholt, das Gewicht nach vorne verlagert… und dann kam das, womit niemand rechnet.
Der Unfall – der Schreckmoment
Das vordere, näher am Pferd stehende Bein des Tritts sackte plötzlich in ein verdecktes Loch im Sand. Es ging rasend schnell: Eben noch hatte er sicher gestanden, doch schon im nächsten Moment kippte der Tritt nach vorne. Ich fiel mit voller Wucht rückwärts – keine Chance, mich noch abzufangen. Und wer schon mal mit einer harten Rückenlandung auf dem Boden aufgeschlagen ist, weiß: Die ersten Sekunden gehören der Schnappatmung.
Die Aufstiegshilfe lag inzwischen schräg unter dem Pferd, und ich – ziemlich benommen – neben der Bande. Und das Pferd? Stand da. Ganz ruhig. Blickte zuerst zu mir, dann nach unten auf die Aufstiegshilfe unter ihrem Bauch, dann wieder zu mir. Frei übersetzt: „Also komische Sachen macht er ja öfter, aber DAS ist neu.“ Und da musste ich tatsächlich lachen. Trotz Schmerzen. Dieses Pferdegesicht war unbezahlbar. Keine Panik, kein Losreißen, kein Drama. Nur Neugier und die Frage, was mein neuester Unsinn nun wieder solle.
Die Lehre daraus: Den Schreckmoment normalisieren
Genau diese Reaktion war für mich die wichtigste Lektion. Denn die Gelassenheit kam nicht von ungefähr. Ich baue seit Jahren bewusst kleine Alltags-„Unfälle“ ins Training ein: Wir lassen Dinge fallen, werfen uns über den Pferden Bälle zu, hantieren mit Planen, Stangen, Eimern. Meine Tochter rollt auch schon mal irgendwas durch die Halle, und ja, manchmal erschreckt sich das Pferd dabei kurz. Aber es lernt auch schnell, dass diese merkwürdigen Szenen nicht gefährlich sind.
Viele belächeln das als „Spielerei“. Doch genau diese „Spielereien“ sorgen dafür, dass im Ernstfall keine Panik ausbricht. Unser menschlicher Alltag ist eigentlich überhaupt nicht kompatibel mit dem Fluchttier Pferd. Aber wenn Vertrauen da ist – und wir unsere Pferde an vermeintlich verrückte Situationen heranführen – können selbst echte Überraschungen glimpflich ausgehen.
Meine Lektion an diesem Tag: Einen Tritt testet man nicht mit beiden Händen von oben, sondern mit einem Fuß auf dem untersten Step. Aber noch wichtiger: Ein Pferd, das an seltsame Alltagsreize gewohnt ist, bleibt in solchen Momenten gelassen – und genau das kann im Ernstfall Leben retten.
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