Im Alter ändern sich die Bedürfnisse, sowohl bei der Fütterung als auch bei der Bewegung. Aber wie versorgt man den Pferdesenior altersgerecht, und worauf kommt es dabei an?
Ab wann ein Pferd als alt gilt, kann man nicht am Alter selbst festmachen. Ponys haben beispielsweise eine deutlich höhere Lebenserwartung als Großpferde. Nichtsdestotrotz können auch diese bei guter Pflege und entsprechender Gesundheit ein hohes Alter erreichen. Die Faustregel, die sich heute etabliert hat: Man spricht ab 20 Jahren bei einem Großpferd von einem „alten Pferd“. Ist das Pferd zwanzig Jahre alt, lässt es sich mit einem 57-jährigen Menschen vergleichen. Geschätzt leben laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz in Deutschland etwa zehn bis 20 Prozent Rentnerpferde mit einem Alter von über 20 Jahren.
Aber auch wenn das Pferd dieses Alter erreicht hat, heißt es nicht zwangsläufig, dass es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geritten oder belastet werden darf. Eher im Gegenteil: Ein komplettes Einstellen der Bewegung hat für das Pferd mehr Nachteile als alles andere. Sowohl die physische als auch die psychische Verfassung würden darunter leiden. Denn wer rastet, der rostet! Ein Pferd sollte also seiner körperlichen und geistigen Verfassung angepasste Aufgaben bekommen.
Ist das Pferd alt?
Erste Anzeichen des Alterns können ein durchhängender Rücken und ein deutlich hervorstehender Widerrist sein. Gelenkprobleme wie Spat oder ein Senkrücken und schwindende Muskeln gelten ebenfalls als erste Anzeichen des Alterns. Vielen Pferden fehlen bereits Zähne, und das Kauen fällt oft schwerer. Das kann zu Gewichtsproblemen führen. Daher gilt es: Beobachten Sie das Pferd genau! Beinhaltet der Kot beispielsweise viele lange Fasern oder sehr viele Körner? Wirft es vielleicht Wickel aus? Dann wird etwas mit den Zähnen nicht stimmen.
Aber nicht nur äußerlich, auch innerlich ändert sich viel während des Alterungsprozesses. Vor allem das Immunsystem, aber auch Organe wie Niere, Leber, Herz, Magen oder Darm machen nicht mehr so gut mit wie bei jungen Tieren. Die Elastizität von Gelenken und Sehnen lässt langsam nach. Der gesamte Hormonhaushalt des Pferdes verändert sich ebenfalls, und das Tier wird anfälliger für Krankheiten.
Langsam abtrainieren – Rentnerpferde
Ein gemütlicher Ausritt mit einer langen Aufwärmphase ist eine gute Abwechslung für das Senioren-Training. (© Slawik)
Wenn das Pferd sein Leben lang sportlich aktiv geritten wurde oder sogar viele Turniere gegangen ist, sollte es auf keinen Fall von heute auf morgen auf die Koppel gestellt und nicht mehr geritten werden. Hier muss ein schonendes Abtrainieren erfolgen, damit sich Muskeln, Knochen und Sehnen an die deutlich weniger vorhandene Belastung gewöhnen können.
Natürlich kann das Pferd nach Beendigung seiner sportlichen Karriere, solange die Gesundheit es zulässt, weiterhin geritten werden. Denn sobald der knöcherne und muskuläre Trageapparat einmal abgebaut hat, ist es sehr schwierig, diesen im Alter wieder aufzutrainieren. Ein Tierarzt sollte regelmäßig auf das Tier schauen, um gesundheitliche Veränderungen mit professionellem Blick begutachten zu können. Auch Trainer und Physiotherapeuten sollten das Training weiterhin im Blick haben, um (mit-)entscheiden zu können, wie das zukünftige Reiten aussehen soll.
Sinnvolles Training
Natürlich verändert sich der Pferdekörper im Alter, und immer wieder tauchen Krankheiten auf, die das Training beeinflussen. Viele alte Pferde leiden unter Arthrose oder einem verlangsamten Stoffwechsel. Beides verlangt eine verlängerte Schrittphase in der Lösungsphase. Dazu kann das Pferd auch geführt werden; dann kann sich der Rücken langsam erwärmen und muss das Reitergewicht nicht von Anfang an tragen.
Die Arbeitsphase an sich sollte täglich auf die Bedürfnisse des Tieres angepasst werden. Gerade bei heißen Temperaturen oder Wetterumschwüngen fällt es vielen Rentnerpferden schwer, ihren Kreislauf in Gang zu bekommen, sodass lockere Bewegungen eher angebracht sind als richtiges Training. Generell sollte auf viel Dehnungshaltung geachtet und der Rahmen regelmäßig gewechselt werden. Hat das Pferd Arthrose, muss vor allem bei feuchtem und kaltem Wetter auf eine lange Lösungsphase geachtet werden, sodass die Tiere wirklich gut warm sind. Die Schrittphase kann hier bis zu dreißig Minuten dauern.
Rentnerpferde – Abwechslung ist das A und O
Mit Spaziergängen kann sowohl das ältere Pferd bewegt als auch die Bindung zwischen Mensch und Tier gefestigt werden. (© Slawik)
Damit dem Senior nicht langweilig wird, muss das Training abwechslungsreich gestaltet werden. Je nach vorangegangenem Training kann man auf Bodenarbeit, Doppellonge oder auch auf Spaziergänge und gemütliche Ausritte zurückgreifen. Enge Kreise, wie beispielsweise bei der klassischen Longenarbeit, sollten allerdings vermieden werden, da dies die Gelenke sehr belastet.
Stattdessen sollte der ganze Platz genutzt werden, der Longenführer mitlaufen und das Pferd möglichst große Bögen laufen lassen. Das Pferd kann so ausgiebig, aber ohne Belastung durch das Reitergewicht bewegt werden. Sollten Reiter und Pferd bisher weniger Erfahrung mit Doppellonge haben, kann man dies noch im Alter beginnen. Es gibt viele Trainer, die auch auf den Hof kommen, Onlinekurse oder den ein oder anderen Stallkameraden, der sich damit auskennt. Neue Eindrücke beschäftigen Rentnerpferde im Kopf und lasten sie dort aus.
Draußen ist es am schönsten
Bei der Bodenarbeit können, wie im Training mit jüngeren Pferden auch, Stangen oder Pylonen eingebaut werden. Diese fördern die Geschicklichkeit des Pferdes und fordern sie. Seitengänge, Slalom oder kleine Hüpfer können ebenfalls mit in das Training aufgenommen werden.
Spaziergänge und gemütliche Ausritte sind eine willkommene Abwechslung. Denn unebene Böden, Wälder oder Wiesen bieten eine tolle Möglichkeit, sensomotorisches Training zu machen: Die Trittsicherheit wird hier geübt, welche oftmals auf den ebenen Reitplatzböden geschmälert wird. Trainiert man auf Wald und Wiese, muss darauf geachtet werden, dass man diese Bereiche auch nutzen darf. Dazu am besten vorher beim Bauern nachfragen.
Altersgemäße Pflege: Rentnerpferde
Pferde haben mit zunehmendem Alter oft ein Handicap, das sie in einigen Fällen ein- schränkt. (© Slawik)
Schenkelweichen, Slalom um Bäume oder Büsche sowie Travers- und Renvers-Übungen bieten sich im Gelände hervorragend an. Damit werden auch unterschiedliche Muskelgruppen angesprochen. Gleiches gilt für abwechselndes Vor- und Rückwärtsgehen. Bergauf und bergab fördert ebenfalls die Muskeln und die Trittsicherheit.
Um lange fit zu bleiben, benötigen Senioren eine altersgemäße Pflege. Regelmäßige Impfungen und Entwurmungen sind wichtiger als je zuvor. Auch sollte der Tierarzt regelmäßig die Zähne kontrollieren. Gerade wenn Sie merken, dass Ihr Pferd Probleme bei der Nahrungsaufnahme hat oder Gewicht verliert, zögern Sie nicht, den Tierarzt zu kontaktieren. Wird das Gebiss regelmäßig untersucht, sind die Chancen gut, dass das Tier bis ins hohe Alter gute Zähne hat.
Ausgewogene Ernährung
Ist es irgendwann nicht mehr in der Lage, Heu in der natürlichen Struktur zu fressen, müssen aufgeweichte Heucobs langfristig als Heuersatz gefüttert werden. Diese sollten aber bereits vorab zwischendurch gefüttert werden, damit die Umstellung im Fall der Fälle nicht zu groß ist. An kalten Tagen benötigen Rentnerpferde oft eine Decke, um nicht zu frieren. An warmen Tagen sollte ihr Kreislauf beobachtet werden und genügend Wasser zur Verfügung stehen.
Je nach Ernährungs- und Bemuskelungszustand, Training, Haltung und Erkrankung sollte der Seniorenteller angepasst werden. Tierärzte und Fütterungsexperten können helfen, einen individuellen Plan zu gestalten, um das Pferd bestmöglich zu versorgen. Der Nährstoffbedarf steigt, besonders Antioxidantien und die für das Immunsystem relevanten Nährstoffe. Oft ist die Empfehlung für einen Senioren bezüglich Selen, Zink sowie Vitamin A und E doppelt so hoch wie bei einem jüngeren Tier. Auch der Eiweißbedarf steigt. Baut der Senior Muskeln ab, braucht er mehr Eiweiß.
Rentnerpferde: Zeichen des Alterns
Ein typisches Zeichen des Alterns ist das eingefallene Gesicht, vor allem oberhalb der Augen. (© Slawik)
Bestimmte Futter für Senioren mit erhöhten Nährstoffgehalten wie Zink, Selen und Co. können hilfreich sein. Aber bedenken Sie: Füttern Sie beispielsweise Senioren-Müslis, in denen Mineralstoffe und Vitamine bereits zugesetzt sind, ist ein zusätzliches Mineralfutter meist überflüssig. Eine Überdosierung sollte dringend vermieden werden.
Verschleißerscheinungen und einige Erkrankungen sind typisch für das Altern des Pferdes. Jetzt müssen Tierärzte, Physiotherapeuten und Zahnärzte Hand in Hand arbeiten, damit das Tier noch lange vital bleibt.
Zahnprobleme
Ab einem gewissen Alter sollte das Gebiss des Pferdes ein bis zwei Mal im Jahr routinemäßig von einem Pferdezahnarzt überprüft werden. Wenn das Pferd plötzlich auffällig langsam frisst, das Heu in Stückchen oder Röllchen wieder aus dem Mund fällt oder das Tier unter Durchfall leidet, sollte er spätestens einen Blick auf die Zähne werfen. Eine Anpassung des Futters und eine konsequente Zahnpflege sind unabdingbar.
Infektanfälligkeit
Pferdeinfluenza ist eine hochansteckende Infektion der Atemwege. Symptome sind Fieber bis zu über 40 Grad, starke Abgeschlagenheit, trockener Husten und klarer Nasen- und Augenausfluss. Vor allem immunschwache Tiere, wie beispielsweise Senioren, sind besonders anfällig dafür.
Deswegen ist es umso wichtiger, diese Rentnerpferde mit einer entsprechenden Impfung zu schützen. Für den Aufbau eines verlässlichen Impfschutzes sind eine Grundimmunisierung sowie eine Auffrischung notwendig.
Kreislaufprobleme
Herz und Kreislauf bauen mit zunehmendem Alter ab. Die Zeiten, in denen Ihr Pferd scheinbar mühelos mit Ihnen durch das Gelände galoppiert ist – und das auch noch weitgehend unabhängig von Wetter und Temperatur –, sind langsam vorbei. Das Tier ermüdet schneller, und der Körper braucht eine gewisse Zeit, um sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Hitze und Kälte machen ihm mehr aus.
Sie sollten jedoch unbedingt einen Tierarzt zu Rate ziehen, wenn Ihnen Kurzatmigkeit, ein starker Leistungs- oder Konditionsabfall, Schwitzen, bläulich gefärbte Schleimhäute, Appetitlosigkeit und andere ungewöhnliche Symptome auffallen. All dies kann ein Hinweis auf eine Herz- oder Kreislauferkrankung sein, wobei viele Pferde nur zwei bis vier Symptome zeigen.
Augen
Rein äußerlich ist gut zu erkennen, wenn ein Pferd in die Jahre kommt. Das Gesicht fällt ein, was daran liegt, dass die Fettpolster rund um den Augapfel abgebaut werden – vor allem bei abgemagerten Pferden, die aufgrund von Zahnproblemen nicht mehr genügend Futter aufnehmen und verwerten können.
Oberhalb des Auges sind nun häufig Löcher zu erkennen, da der Schläfenmuskel sich immer weiter zurückbildet und der Knochen dann hervortritt. Auch sehen viele Pferde im Alter nicht mehr so gut und werden schreckhafter. Auch die Augenkrankheiten grauer und grüner Star können nun auftreten.