Damit das Pferd weiß, was es unter dem Reiter tun soll, gibt es Hilfen. Doch was genau muss eigentlich eine Hilfe leisten? Und wie kommt es, dass Pferde wissen, wie sie auf Schenkeldruck oder Zügelzug reagieren müssen?
Wenn Reiter und Pferd auf eine fast unsichtbare Weise miteinander kommunizieren, nennt man das Einwirkung. Der Reiter gibt Hilfen, das Pferd reagiert. Werden die unterschiedlichen Reiterhilfen sinnvoll miteinander kombiniert, bringt das „Konzert“ dieser Hilfen das Pferd zum Tanzen.
Was ist Einwirkung?
Einwirkung ist aber weit mehr als nur die zeitgleiche Anwendung der drei großen Arten von Hilfen, also Gewichts-, Schenkel– und Zügelhilfen. Zur Einwirkung gehört, dass der Reiter korrekt und zielführend sitzt, dass er jede Hilfe so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig einsetzt (Timing und Dosierung) und dass das Zusammenspiel von Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen den gewünschten Effekt beim Pferd hat (reiterliches Gefühl).
So lernen Pferde Reiterhilfen
Grundsätzlich verfügt das Pferd über zwei Möglichkeiten, zu lernen: Gewöhnung (z. B. Desensibilisierung mit dem Ziel, dass das Fluchttier Pferd nicht mehr vor einem Regenschirm erschreckt) oder Konditionierung (wobei es hier verschiedene Abstufungen gibt). Auf die drei großen Arten der Hilfengebung bezogen heißt dies:
- Auf Gewichtshilfen reagieren Pferde auf natürliche Weise: Lehnt sich der Reiter nach links, wird das Pferd ebenfalls nach links wenden, eine Gewichtsverlagerung nach rechts löst eine Rechtswendung aus.
- Schenkel- und Zügelhilfen dagegen muss das Pferd erst einmal per Konditionierung erlernen: Schenkeldruck soll ein Vorwärtsgehen auslösen, Zügelzug ein Verlangsamen oder Halten. Im Laufe der Ausbildung wird diese sehr vereinfachte Konditionierung immer weiter verfeinert.
Timing und Dosierung der Hilfengebung sind in der Kommunikation mit dem Pferd entscheidend. (© Jacques Toffi)
Diese Hilfen gibt es beim Reiten
Insgesamt stehen dem Reiter drei Arten von Hilfen zur Verfügung: Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen. Und zwar in dieser Reihenfolge zu verwenden! Schenkelhilfen wirken immer treibend – entweder „nur“ vortreibend, vorwärts-seitwärts treibend oder verwahrend (was immer noch auch treibend heißt!). Zügelhilfen werden immer in Kombination mit Schenkel- und Gewichtshilfen gegeben und sind quasi „nur“ das Ergebnis dieser anderen beiden Hilfen.
Wie müssen Hilfen sein?
- Genau: Geben Sie jede Hilfe unmissverständlich, ohne jeden Interpretationsspielraum. Sonst drohen Missverständnisse, zum Beispiel bei den Hilfen Angaloppieren versus Traversale.
- Im richtigen Moment: Damit die Reiterhilfe beim Pferd „ankommt“, müssen Sie wissen, wann die Hilfe gegeben wird. Treiben, wenn das Pferd aufgefußt hat – quasi sinnlos. Der Moment des Abfußens ist der richtige!
- Reaktion bitte: Auf jede Hilfe muss eine Reaktion des Pferdes erfolgen, sonst stumpft es ab. Wenn Sie treiben, muss das Pferd mit Vorwärtsgehen reagieren!
- Exklusiv: Jede Hilfe gibt es nur einmal, auch wenn alles demselben Konzept folgt. Die Hilfe zum Anreiten ist anders als die zum Durchparieren, die Hilfe zur Rechtswendung ist bei einer Volte anders als bei einer einfachen Schlangenlinie. Machen Sie sich dies bewusst und handeln Sie auch so!
- Ohne Angst: Hilfen sollen dem Pferd verständlich machen, was man als Reiter vom Pferd erwartet. Das funktioniert nur, wenn das Pferd sich konzentrieren kann und ohne Angst reagiert. Wer ein Pferd mit Sporen oder
Gerte bestraft, weil es nicht das macht, was man möchte, sollte nicht reiten! - Die Schuldfrage: „Mein Pferd ist heute rechts so fest, er lässt sich nicht stellen.“ Ganz falscher Ansatz! Wenn ein Pferd etwas nicht gut oder richtig macht, liegt dies fast immer am Reiter. Richtiger muss es darum heißen: „Mir gelingt es heute nicht, mein Pferd rechts locker zu machen. Was muss ich tun, damit es rechts nachgibt?“ Das Pferd hat niemals Schuld!