Jedes Jahr im September verwandelt sich Warendorf in das Zentrum des deutschen Nachwuchssports: Bei den Bundeschampionaten messen sich die besten jungen Pferde und Ponys der Nation.
Mehr als 1.000 Nachwuchstalente treten in Dressur, Springen, Vielseitigkeit, Fahren und Ponyprüfungen an. Für Züchterinnen und Züchter aber auch Reiterinnen und Reiter sowie das Fachpublikum sind die Bundeschampionate 2025 Schaufenster der Zucht, Talentsichtung und Vermarktungsplattform in einem. Doch was macht die Bundeschampionate so besonders? Welche Regeln gelten für den Sport mit jungen Pferden? Und ist eine solche Veranstaltung vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten um Tierschutz und Pferdewohl 2025 noch zeitgemäß?
Denn eines ist klar: Für Zuschauerinnen und Zuschauer und alle Reitsportbegeisterten sind die Bundeschampionate ein faszinierendes Event und meist ein fester Termin im Kalender. Laut der Webseite der Bundeschampionate werden dieses Jahr zwischen Dienstag und Sonntag, 2. bis 7. September, rund 38.000 Besucherinnen und Besucher erwartet sowie 180 Aussteller. Für Züchter und Reiter ist die Veranstaltung Sprungbrett, Markt und Bühne. Für die Pferde aber sind sie vor allem eins: eine große Herausforderung in sehr jungem Alter.
Von Münster nach Warendorf: Die Geschichte des Turniers
Um die heutige Turnierserie einordnen zu können, werfen wir zuerst einen Blick zurück. Zum ersten Mal ausgerichtet wurden die Bundeschampionate 1976 beim Turnier der Sieger in Münster. Seit 1994 ist Warendorf der feste Veranstaltungsort auf dem Gelände des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR), wie auf der Webseite der Bundeschampionate nachzulesen ist.
Es gibt auch ein zweites Veranstaltungszentrum im Süden, genauer gesagt in Moritzburg, hier werden die Schweren Warmblüter seit dem Jahr 2002 vorgestellt. Nennung Online beschreibt die Bundeschampionate als „Deutsche Meisterschaft“ der Nachwuchspferde und haben demnach eine große Bedeutung für die Pferdezucht.
Altersklassen und Prüfungen der Bundeschampionate 2025
Ermittelt werden in Warendorf in verschiedenen Altersgruppen der Kategorien Reitpferde, Ponys, Dressur, Springen, Vielseitigkeit und Fahren die jeweiligen Bundeschampions.
- 3- und 4-jährige Reitpferde und Ponys, getrennt nach Hengste und Stuten/Wallache (Bewertet werden Grundgangarten, Rittigkeit und Exterieur, sie müssen keine höheren Lektionen oder Sprünge zeigen.)
- 5- und 6-jährige Dressurpferde/ Ponys, Springpferde/ Ponys und Vielseitigkeitspferde/ Ponys (die Vielseitigkeitsponys auch ohne Altersunterscheidung), hier soll sich zeigen, wie die Pferde sich entwickeln.
- Fahrpferde (4 bis 6 Jahre), ebenfalls im separaten Wettbewerb
- Die Wertungen für 7-jährige Dressur- und Springpferde bzw. das sogenannte Warendorfer Youngster-Championat wurde 2012/2013 eingeführt.
Von der Nominierung bis zur Qualifikation
Bei den 3- und 4-jährigen Reitpferden und Ponys ist der Ablauf besonders. Sie müssen sich nicht über vorangegangene Turnier qualifizieren, sondern werden direkt von ihrem jeweiligen Zuchtverband nominiert. Anders läuft es bei den 5- bis 7-jährigen Pferden in den Sparten Dressur, Springen und Vielseitigkeit. Hier müssen Startplätze über vorherige Platzierungen erritten werden. Diese Qualifikationsprüfungen finden bundesweit bis Anfang August statt, wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) erklärt.
Damit ein 7 oder 8 Jahre altes Pferd noch teilnehmen kann, muss eine Platzierung in einer S*-Dressur (bis 11. August) nachgewiesen werden. Beim Springen ist es so, dass das Pferd bereits an Bundeschampionaten teilgenommen haben und zusätzlich in einem S*-Springen platziert sein muss.
Bundeschampionate 2025 im internationalen Vergleich
Der frühe Start ins für Pferde doch oft stressige Turniergeschehen wird immer wieder kritisiert. Dazu ist interessant: Das deutsche System unterscheidet sich von vielen anderen Ländern, denn hier starten die Reitpferdeprüfungen bereits für 3-Jährige. In Ländern wie den USA oder den Niederlanden gibt es ähnliche Nachwuchschampionats (z. B. Young Horse Championships), häufig aber ohne die institutionelle Anbindung und Zuchtzentrierung wie in Deutschland. Außerdem beginnen sie mit vier Jahren, 3-Jährige werden nur an der Hand präsentiert.
Ähnlich verhält es sich in den Niederlanden: Hier werden 3-Jährige nur in Zuchtprüfungen und ohne Sattel gezeigt, beispielsweise im Freispringen, Reitturnier starten mit vier Jahren. Auch in Dänemark und Schweden starten sportliche Prüfungen erst mit vier Jahren. Dabei wichtig zu wissen: Damit ein Pferd dreijährig auf einer Championatsbühne bestehen kann, ist es schon mehrere Monate in Arbeit. Angeritten werden manche von ihnen somit bereits mit etwa 2,5 Jahren – ein Punkt, der regelmäßig Kritik auslöst, da Körper und Psyche in diesem Alter noch nicht voll ausgereift sind.
Erfolgsgeschichten und Schattenseiten
Die Bundeschampionate haben aber auch viele Erfolgsgeschichten hervorgebracht: Poetin, Birkhof’s Grafenstolz, Escolar oder Fürstenball – alles ehemalige Bundeschampions, die später Weltkarrieren machten oder in der Zucht prägend waren. Gleichzeitig gibt es kaum Informationen darüber, wie viele Bundeschampions später nicht mehr im Sport auftauchen. Pferde, die gesundheitlich ausfielen, bleiben unsichtbar.
Auf der diesjährigen Starterliste stehen wie gewohnt große Namen: Frank Ostholt, Nicolai Aldinger, Anna Siemer, Libussa Lübeke, Julia Krajewski, Greta Busacker oder Antonia Baumgart gehen in den Prüfungen der Vielseitigkeitspferde an den Start. In der Dressur finden sich Katharina Hemmer, Catja Thomsen, Victoria Nielsen, Florine Kienbaum, Raphael Netz oder Richard Hannöver, im Springen starten unter anderem Richard Vogel, Patrick Stühlmeyer, Rolf-Göran Bengtsson, Pheline Ahlmann, Christoph Wahler, Marvin Jüngel oder Felix Haßmann.
Bundeschampionate 2025: So werden die Nachwuchspferde beurteilt
Bewertungskriterien (nach LPO)
Grundsätzlich gelten bei Bundeschampionaten die gleichen Regeln wie bei allen nationalen Turnieren nach Leistungsprüfungsordnung (LPO). Besonders im Fokus ist aber der schonende Einsatz von Hilfsmitteln bei den jungen Pferden.
Geprüft werden:
- Grundgangarten: Takt, Losgelassenheit, Raumgriff, Elastizität, Rückentätigkeit
- Typ & Exterieur: Verwendungsfähigkeit als Reitpferd, Körperbau
- Rittigkeit: Durchlässigkeit, Temperament, Harmonie zwischen Reiter und Pferd
- Gesamteindruck: Natürlichkeit, Ausdruck, altersgemäße Entwicklung
- In Eignungsprüfungen kommen noch Springmanier und ggf. Geländeeindruck dazu.
Ausrüstung:
- Zäumung: Trense mit Reithalfter und einfachem Trensengebiss
- Sporen: max. 3,5 cm (ohne Rädchen, abgerundet, horizontal oder nach unten geneigt), das hier ist eine Besonderheit bei den Bundeschampionaten, ansonsten sind 4,5 cm erlaubt, maßgeblich ist immer die Ausschreibung
- Gerte: max. 120 cm (inkl. Schlag), im Springen/Gelände bis 75 cm
- Reithelm: Pflicht, nach gültiger EN-Norm
- Hilfsmittel: keine scharfen oder tierschutzwidrigen Ausrüstungen erlaubt