Pferde mit Schmerzsignalen, Richter mit Spielraum und ein System, das zu oft wegschaut: Auf dem Abreiteplatz zeigt sich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit im Turniersport auseinanderliegen. Dabei gäbe es mit Sue Dysons Schmerz-Ethogramm längst ein Werkzeug, um früher und klarer einzugreifen.
Ein Video, das vor wenigen Wochen viral ging, zeigte Szenen, wie sie auf deutschen Turnierplätzen leider keine Seltenheit sind: Auf einem Abreiteplatz in Norddeutschland riegelt ein Reiter sein Pferd mit massiven Zügeleinwirkungen, die Reiterhand pendelt sichtbar vor und zurück.
Das Pferd zeigt deutliches Unbehagen – taktunrein, mit eingezogenem Schweif, der Hals eng aufgerollt, die Nüstern fast an der Brust. Auffällig dabei: Ein Trainer steht direkt daneben und greift nicht ein. Im Gegenteil – seine Gestik wirkt, als würde er die Situation sogar noch befeuern. Auch von offizieller Seite bleibt jede Reaktion aus.
Pferd mit Schmerzen: Gewöhnung statt Aufschrei
Solche Szenen lösen in den sozialen Medien oft kurzfristige Empörung aus – gefolgt von einem kollektiven Achselzucken. Zwei Tage später ist der Vorfall vergessen. Dabei stellen sich grundlegende Fragen: Warum wird nicht gehandelt? Warum bleiben Verantwortliche passiv, wenn offensichtliche Verstöße gegen das Pferdewohl sichtbar werden? Und: Was muss passieren, damit sich daran etwas ändert?
Tatort Abreiteplatz: Szenen wie diese sollten der Vergangenheit angehören, doch sind sie immer noch Realität. (© Christiane Slawik)
Anspruch und Wirklichkeit
Wer in Deutschland als Turnierrichter tätig ist, hat eine fundierte Ausbildung durchlaufen und ist verpflichtet, sich regelmäßig weiterzubilden. Dazu gehört auch das Thema Pferdewohl. „Eines der wichtigsten Dinge für mich ist, dass die Richter sich regelmäßig alle zwei Jahre weiterbilden müssen, sonst fliegen sie von der Liste. Dies umfasst alles, auch in Bezug auf Schmerzerkennung und das Pferdewohl, die Bewertungskriterien und so weiter“, erklärt Dr. Henrike Lagershausen, Referentin für Tierschutz bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gegenüber Hooforia.
Doch obwohl diese Fachkenntnisse vorhanden sind, bleibt das Eingreifen in der Praxis oft aus. Richterin Sonja Hoppe gibt einen Einblick in mögliche Ursachen: „In unserer Prüfung haben geschätzte 90 Prozent der Prüflinge Noten unter fünf oder sechs gegeben, weil nicht mal der Takt gegeben war. Fakt ist aber: Auf einem normalen Turnier würde man das so nicht machen, denn täte man es, würde man als Richter nicht mehr eingeladen.“
Graubereich mir Spielraum
Zwar ist laut LPO (§52) eine Aufsicht auf dem Vorbereitungsplatz vorgeschrieben, unterstützt durch einen Kriterienkatalog der FN, der Verhaltensweisen in Grün, Grau und Rot einteilt – von unauffällig bis eingreifpflichtig. Doch auch hier bleibt vieles Auslegungssache. „Der Kriterienkatalog dient als Orientierung und Argumentationshilfe, nicht als abzuarbeitende Checkliste“, heißt es in der Präambel.
Das bestätigt auch Dr. Lagershausen: „Es ist wahrscheinlich genau so wie bei Tierärzten, dass der eine Richter zu einem anderen Schluss kommt als der andere.“ Das Resultat: Auffällige, aber nicht klar definierte Reitweisen – etwa taktunreine Bewegungen, verspannte Rücken oder dauerhaft aufgerollte Hälse – bleiben oft unbeachtet. Offizielles Eingreifen findet erst statt, wenn „aggressives Verhalten“, eine „blaue Zunge“ oder deutliche Lahmheit sichtbar wird.
Enges Genick, offenes Maul, Sorgenfalten am Auge: Dieses Pferd fühlt sich gerade offensichtlich unwohl. (© Christiane Slawik)
Sue Dysons Schmerz-Ethogramm
Die britische Tierärztin Dr. Sue Dyson hat einen anderen Ansatz entwickelt: das sogenannte Schmerz-Ethogramm. Es listet 24 klar definierte Verhaltensauffälligkeiten auf, die Hinweise auf Schmerzen geben können, inklusive Zeitvorgaben zur Einordnung (siehe unten). Beispiel: Wenn ein Pferd zehn Sekunden oder länger das Maul geöffnet hält, könne man laut Dyson von einer Verhaltensauffälligkeit sprechen. In Kombination mit weiteren Anzeichen sei das ein klarer Beweis dafür, dass es sich unwohl fühle oder Schmerz empfinde.
Objektivere Bewertungsgrundlage für Schmerzen
Die Beobachtung einzelner Auffälligkeiten reiche nicht aus – Dyson betont die Systematik: „Wenn acht oder mehr Auffälligkeiten innerhalb von fünf bis zehn Minuten auftreten, ist das ein klares Zeichen für Schmerzen.“ Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Ethogramm könnte nicht nur Reitern und Richtern helfen, sondern auch Transparenz schaffen – vor Ort und im Nachhinein.
„Ich würde es als einzig mögliche Lösung betrachten, dass das Abreiten in irgendeiner Form mit in die Gesamtnote fließen muss“, sagt Sonja Hoppe. „40 Minuten schlecht abreiten, damit es für fünf Minuten während der Prüfung gut aussieht – das würde dann so nicht mehr funktionieren.“ Im Vergleich zum FN-Kriterienkatalog würde Dysons System deutlich früher ansetzen und könnte objektive Maßstäbe schaffen. Die FN jedoch sieht Dysons Studien als unterstützend, nicht als Basis der eigenen Ausbildung.
Empfindet dieses Pferd Schmerz? Mit Sue Dysons Katalog lassen sich Verhaltensauffälligkeiten beim Reiten kategorisieren und einordnen. (© Stefan Lafrentz)
Ein Schritt in Richtung Pferdewohl
Mit Hilfe von Dysons Modell ließen sich Pferde schützen, bevor sie sichtbar lahmen. Es würde gleichzeitig Richtern eine fundierte Grundlage bieten, ohne Angst vor Repressalien durch Veranstalter, einen Schutz nicht nur für das Tier, sondern auch für diejenigen, die Verantwortung tragen. „Das Grundproblem des Systems ist, dass idealisierte Annahme und Realität oftmals nicht übereinzubringen sind“, resümiert Hoppe.
„Und unser Menschsein verleitet uns, nach leichten Wegen zu suchen, die schnell zum Erfolg führen – die dann aber langfristig immer auf Kosten des Pferdewohls gehen.“ Ein strukturierter Umgang mit Schmerzanzeichen könnte nicht nur Tierleid verhindern, sondern auch das Vertrauen in den Turniersport langfristig stärken.
Ein Aufruf an uns alle
Dieser Artikel ist kein Angriff auf den Sport. Er ist eine Einladung, ihn besser zu machen. Eine Aufforderung, genauer hinzuschauen, ehrlicher zu fragen und nicht aufzuhören, wenn es unbequem wird. Dysons Botschaft ist klar: „Lernen Sie Ihr Pferd kennen – und erkennen Sie, wenn es sich verändert.“ Wenn wir das wirklich tun, dann beginnt der Wandel genau dort, wo er hingehört: bei uns selbst.
Schmerzen erkennen statt verwalten
Wenn Pferde sprechen könnten – würden wir ihnen zuhören? Dr. Sue Dyson sagt: Sie sprechen längst. Nur hören wir oft nicht hin. Die international renommierte Tierärztin, Verhaltensforscherin und ehemalige Spitzenreiterin hat ihre Karriere dem Wohl der Pferde gewidmet und zeigt mit erschütternder Klarheit, wie stilles Leiden im Reitsport zur Gewohnheit geworden ist. Pferde, die die Ohren anlegen, mit dem Schweif schlagen, das Maul aufreißen, sich versteifen, verweigern, ausbrechen. Früher nannte man das „Widersetzlichkeit“. Heute weiß man: Es ist oft Schmerz.
Mehr Weiterbildung für alle Pferdeleute, das wünscht sich Sue Dyson. Außerdem unerlässlich: Ein Bewusstsein dafür, wie wir mit Pferden umgehen. (© Sue Dyson)
Das Schmerz-Ethogramm: Ein Aha-Moment im Sattel
„Der erste Input kam gar nicht aus meiner Sicht als Tierärztin, sondern als Reiterin“, erzählt sie. Sie bildete Pferde im Springen und in der Vielseitigkeit bis zur Spitzenklasse aus. In ihrer tierärztlichen Laufbahn spezialisierte sie sich auf Orthopädie. „Ich habe vor allem Pferde mit Lahmheiten und Leistungseinbußen behandelt. Hier habe ich gesehen, dass kleinere gesundheitliche Probleme sich zuerst eher in Verhaltensauffälligkeiten äußern, bevor sie lahm werden.“
Was sie dabei immer wieder frustrierte: Reiter und Trainer merkten es nicht – oder wollten es nicht merken. „Da hieß es eher: Das Pferd sei triebig, ungezogen oder unkooperativ – und wurde erst sehr spät zur Diagnostik gebracht.“ Dyson entwickelte also das sogenannte Schmerz-Ethogramm. Und ein Pferd, das acht oder mehr Verhaltensweisen des Kriterienkataloges zeige, habe schlichtweg Schmerzen. Die Liste entstand aus akribischer Analyse von Videoaufnahmen und tausenden Fallstudien. Heute ist sie wissenschaftlich anerkannt. Doch Dyson war klar: Erkenntnisse allein reichen nicht. Es braucht Anwendung.
Konflikt mit der FEI
Sie ging damit zur FEI, dem internationalen Dachverband des Reitsports. Ihre Vision: ein Handbuch für Richter, ein Werkzeug für Offizielle, um frühzeitig Schmerzen zu erkennen – und Pferde zu schützen. Doch ihre Hoffnung stieß auf Schweigen: „Ich habe der FEI unzählige Male geschrieben und viele Beweise aus meinen wissenschaftlichen Beobachtungen vorgelegt, aber ich habe nur formelle Antwortschreiben erhalten. Sie wissen genau, wer ich bin und was ich gesagt habe – aber sie ignorieren mich.“
Auch wir haben die FEI im Rahmen dieser Recherche um ein Interview gebeten – mit ähnlichem Ergebnis. Auch Empfehlungen einer unabhängigen Ethikkommission der FEI wurden abgelehnt. Für Dyson ein Symbol für strukturelle Trägheit: „Die FEI ist meiner Meinung nach eine äußerst schwerfällige Organisation, weil viele der Leute an der Spitze gar nicht wissen, was wirklich los ist.“
Die Verantwortung beginnt bei uns
Dyson liebt den Reitsport. „Ich habe eine große Leidenschaft dafür. Aber wir müssen uns bewusst sein, dass dies ein Privileg ist und dass wir Pferde nicht missbrauchen dürfen.“ Sie spricht offen aus, was viele lieber nicht hören wollen: „Ich denke, dass das Reiten von Pferden, die unter chronischen Beschwerden leiden, möglicherweise Missbrauch ist.“ Was sie fordert, ist keine Revolution, sondern ein Kulturwandel. Weg von Druck, hin zu Verständnis. Weg von Ignoranz, hin zu Verantwortung.
„Wenn die Menschen es einmal gesehen haben, können sie es nicht mehr ignorieren.“ Sue Dyson weiß, wovon sie spricht. Sie hat gesehen, wie Pferde aufblühen, wenn man ihnen zuhört. Und sie hat gesehen, wie sie leiden, wenn man sie überhört. Ihre Botschaft ist einfach – und gleichzeitig das Fundament von allem:
Lernen Sie Ihr Pferd kennen – und erkennen Sie, wenn es sich verändert.
Schmerzen beim Pferd: Wissen allein reicht nicht
Ein besonders brisanter Punkt in Dysons Arbeit betrifft die Rolle der Richter und der Verbände. Im FEI-Handbuch für Richter stehe schwarz auf weiß, dass wiederholtes Öffnen des Mauls oder Schweifschlagen negativ bewertet werden soll. Doch in der Praxis werde es kaum geahndet. „Vielleicht ist es von den Richtern zu viel verlangt, dass sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen sollen“, gibt Dyson zu. Denn ein Richter müsse in wenigen Sekunden viele Kriterien gleichzeitig bewerten. Aber genau deshalb, so Dyson, müsse man neue Wege gehen.
Vielleicht könne man das Problem in den höheren Klassen lösen, indem man einen Richter einsetze, der sich ausschließlich auf das Verhalten des Pferdes und seine Reaktion auf die Hilfen des Reiters konzentriere. Doch die Strukturen bewegen sich kaum. Weder die Richterausbildung noch die Trainerschulungen seien bislang auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Studien liegen offen vor, sind international veröffentlicht, mehrfach geprüft, aber kaum in Systeme überführt. Warum?
„Ich denke, es ist ein Mangel an Anerkennung der Studie. Die Menschen akzeptieren Dinge, weil sie sie schon immer so gesehen haben“, erklärt Dyson. Stattdessen bleiben viele bei alten Ausreden oder warten, bis jemand anders Verantwortung übernimmt. Doch Dyson mahnt: „Wenn wir den Reitsport erhalten wollen, müssen wir ihn verändern.“ Denn Wissen ohne Handeln sei nicht Aufklärung, sondern Ignoranz.
Verhaltensweisen, die fast schon als normal gelten. Hier muss sensibilisiert werden, damit Schmerzen frühzeitig erkannt werden. (© Stefan Lafrentz)
Pferde zahlen den Preis – mit Schmerzen
Ein weiterer Kernpunkt in Dysons Analyse betrifft die Ausbildung – von Reitlehrern, Trainern, Richtern. Dort, wo eigentlich die Weichen für das Pferdewohl gestellt werden sollten, finde oft Stillstand statt. „Viele Reiter hatten nie das Glück, ein wirklich gesundes Pferd zu reiten – sie wissen schlicht nicht, wie sich das anfühlt“, sagt Dyson. In Reitschulen sei es oft normal, dass Pferde steif seien, sich unwohl fühlten und das werde akzeptiert. So werde Schmerz zum „typischen Verhalten“ mit fatalen Folgen.
Diese Prägung setze sich fort – durch Ausbilder, die nie gelernt hätten, auf die feinen Signale zu achten. Durch Richter, die Harmonie bewerten sollen, aber nie geschult worden seien, sie zu erkennen. Und durch einen Sport, der sich auf Leistung fixiere, ohne das Fundament – die Gesundheit des Pferdes – zu sichern. „Züchter denken nicht an die Gesundheit – sondern an das, was morgen bewertet wird“, sagt Dyson.
Ein Kreislauf aus Zucht, Ausbildung und Bewertung, der sich um sich selbst dreht, statt ums Pferd. Dyson fordert nicht nur mehr Wissen, sondern ein neues Denken. Reiter, die nicht nur Anweisungen befolgen, sondern Verantwortung übernehmen. Denn das größte Ausbildungsziel im Reitsport sollte nicht Medaillen heißen, sondern Verständnis.
Vom Wissen zum Wandel
Trotz aller Widerstände bleibt Sue Dyson nicht stehen. Sie reist, referiert, bildet auf der ganzen Welt aus. Ihre Forschung verändert bereits jetzt, wie Menschen Pferde sehen. Und dennoch: Der große Umbruch steht noch aus. „Ich denke, wir haben wahrscheinlich mehr Fortschritte gemacht, als ich erwartet hatte – weil sich eine komplette Denkweise ändert. Aber es ist noch ein langer Weg.“
Ein Weg, der für Dyson mit einem einfachen Prinzip beginnt: Wissen teilen. Für mehr Transparenz, mehr Mitgefühl – und auf lange Sicht auch mehr Qualität im Sport. Denn nur ein gesundes, gern arbeitendes Pferd kann langfristig auf hohem Niveau Leistung bringen.
Sue Dysons Wünsche:
- Richter, die auf Verhalten geschult sind – nicht nur auf Bewegungsqualität
- Trainer, die Schmerzsignale lesen können
- Reiter, die den Mut haben, Fragen zu stellen
„Ich bin Realistin genug, um zu wissen, dass man Dinge nicht von heute auf morgen ändern kann. Aber ich glaube an Fortschritt. Und ich glaube an Pferdemenschen, die besser werden wollen.“
Dr. Sue Dyson ist eine renommierte Tierärztin für Orthopädie, die sich auf die Diagnose von Lahmheit und Leistungsproblemen bei Pferden spezialisiert hat. In den letzten Jahren widmet sie sich intensiv der Forschung von Schmerzen bei Pferden, insbesondere durch ihr „Ridden Horse Pain Ethogram“, das 24 Verhaltensweisen identifiziert, die auf Schmerzen hinweisen können. Sie ist Mitbegründerin des „Train with Trust Project“ und setzt sich über die Organisation 24 Behaviors dafür ein, das Bewusstsein für Schmerzen bei Pferden zu schärfen. (© Kathryn Lauritzen/Padma Video)
Die 24 Schmerzzeichen nach Sue Dyson
- Ohren konstant zurückgerichtet für mindestens 5 Sekunden
- Augen halb oder ganz geschlossen für 2 bis 5 Sekunden
- Wiederholtes Zeigen der Sklera (das Weiße im Auge)
- Intensives Starren, glasiger Blick für mindestens 5 Sekunden
- Wiederholtes Öffnen des Mauls mit Trennung der Zahnreihen für mindestens 10 Sekunden
- Heraushängende Zunge oder mehrfaches Zungenspielen
- Durchgezogenes Gebiss an einer Seite
- Wiederholtes Kopfnicken, nicht im Rhythmus des Trabes
- Wiederholtes Neigen des Kopfes
- Kopf vor der Senkrechten (mindestens 30 Grad) für mindestens 10 Sekunden
- Kopf hinter der Senkrechten (mindestens 10 Grad)
- Kopf seitlich verwerfen, hin- und herschwenken des Kopfes
- Schweifschiefhaltung oder eingeklemmter Schweif
- Wiederholtes Schweifpinseln
- Eilige Tritte (mehr als 40 Trabtritte pro 15 Sekunden), unregelmäßiger Rhythmus im Trab oder Galopp mit wiederholten, nicht geforderten Tempiveränderungen
- Verlangsamte Gangfrequenz (weniger als 35 Trabtritte pro 15 Sekunden), passageartige Trabtritte
- Auf drei Hufschlägen gehen (Hinterhand folgt nicht der Vorhand)
- Galoppprobleme: Kreuz- oder Außengalopp
- Spontaner Gangartenwechsel, zum Beispiel Ausfallen im Galopp
- Wiederholtes straucheln oder stolpern
- Plötzliche Richtungswechsel, erschrecken
- Widersätzlichkeit, Triebigkeit, benötigt wiederholte physische oder verbale Ermutigung
- Buckeln
- Steigen
Wichtig dabei:
- Einzelne Verhaltensweisen sind noch kein Beweis für Schmerzen
- Bei 8 oder mehr der 24 oben beschriebenen Auffälligkeiten, ist davon auszugehen, dass das Pferd Schmerzen empfindet
- Das Ethogramm dient der strukturierten Einschätzung in der Bewegung, Fotos können irreführend sein.
Bildergalerie: Ich sehe was, was du nicht siehst!
So wird man Richter
Quelle: PM Forum, Ausgabe 04/24
Zu Beginn der Richterlaufbahn machen Interessierte eine Aufnahmeprüfung und sind dann „Richteranwärter“. Die Prüfung zum Richteranwärter beinhaltet das Richten einer Dressurprüfung Klasse A, eine Pferdebeurteilung, Fragen zur Reitlehre, zur LPO und den Richtlinien einer Springprüfung sowie eine Parcoursbeurteilung.
Die Richteranwärter sammeln dann Erfahrung, indem sie in Dressur und Springen bei Kollegen im gemeinsamen und getrennten Richten assistieren, den Parcourschef und den aufsichtführenden Richter auf dem Vorbereitungsplatz unterstützen. Zudem erhalten sie verschiedene Schulungen und Angebote zu Seminaren. Diese Ausbildungszeit dauert bis zu vier Jahre. Zur eigentlichen Richterprüfung wird dann zugelassen, wer eine festgelegte Anzahl an Testaten und Gutachten im Richten von Dressur- und Springprüfungen vorweisen kann.
Richterprüfungen
Die Grundrichterprüfung ist ab dem 21. Lebensjahr möglich. Zur Vorbereitung ist die Teilnahme an einem mehrtägigen Seminar obligatorisch. Schwerpunkte: praktisches Richten von Dressur- und Stilspringprüfungen der Klassen A und L, fundierte Kenntnisse der Reitlehre, Verständnis im Umgang mit Pferden, Kenntnisse zu Typ und Qualität des Körperbaus und Fachwissen rund um die LPO. Nach bestandener Prüfung und Bestätigung durch die Landeskommission dürfen die Richter dann Dressur und Springen bis zur Klasse L richten.
Um Aufbauprüfungen und Prüfungen in Klasse M und höher richten zu können, müssen Zusatz- und Höherqualifikationen abgelegt werden. In der Regel benötigt man dafür mindestens zwei Jahre, in denen zahlreiche Testate, fachbezogene Theorieschulungen und auch ein Gutachten einzureichen sind, sowie eine Prüfung abzulegen ist.
Richten im Profibereich
Um in der höchsten Klasse Richter zu werden, muss man von der Landeskommission in Abstimmung mit der Deutschen Richtervereinigung (DRV) und der FN vorgeschlagen werden. Die DRV und die zuständige Landeskommission haben gemeinsam das ausschließliche Vorschlagsrecht, eine Eigenbewerbung ist nicht möglich.
Für eine internationale Laufbahn sind dann noch weitreichendere Voraussetzungen zu erfüllen, unter anderem mindestens drei Jahre Aktivität als Richter in den höchsten nationalen Klassen und ein Nachweis der sicheren Beherrschung der FEI-Sprache Englisch einschließlich der spezifischen Begriffe der Disziplinen in Wort und Schrift.